ADB:Albrecht IV. (Herzog von Österreich)

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Artikel „Albrecht IV. „der Geduldige““ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 283–285, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Albrecht_IV._(Herzog_von_%C3%96sterreich)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 03:05 Uhr UTC)
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Albrecht IV. „der Geduldige“ (Patiens) oder „Wunder der Welt“ (Mirabilia mundi), Habsburger, von der Albrechtiner-Linie, Herzog des Landes Oesterreich unter und ob der Enns, geb. 21. Sept. 1377, † 14. Sept. 1404, Sohn Herzog Albrechts III. und Beatricens, Tochter des Grafen von Hohenzollern, Burggrafen von Nürnberg.

Nach dem Tode seines Vaters (29. Aug. 1395), achtzehn Jahre alt, also vogtbar, fand er doch an dem herrschsüchtigen Vetter Wilhelm, dem Aeltesten der leopoldinischen Linie, einen hartnäckigen Bewerber um die senioratsmäßige Vorherrschaft in sämmtlichen habsburgisch-österreichischen Landen, also auch in Oesterreich unter und ob der Enns, zufolge willkürlicher Auslegung des Hausvertrages vom 10. Oct. 1386 und der gewohnheitsmäßigen Senioratserbfolge. Den drohenden Bürgerkrieg, in welchem die Innerösterreicher und die Stadt Wien für Wilhelm, die nieder- und oberösterreichische Adelsschaft für A. IV. Partei nehmen, beseitigt Albrechts IV. Nachgiebigkeit und Friedensliebe durch den Holenburger Hausvertrag vom 22. Nov. 1395, dessen wesentlicher Inhalt das Princip habsburgischer Länder- und Herrschafts-Einheit formell anerkennt, thatsächlich jedoch den Vortheil der Leopoldiner wahrt und Herzog Wilhelm zum Mitregenten Albrechts IV. im Lande Oesterreich macht. – Die beiden nächsten Thatsachen der Regierung des letzteren finden ihre Erklärung in Albrechts strengkirchlichem, düsterreligiösem Sinne, der im weltscheuen Lieblingsverkehre mit Mönchen, namentlich des Karthäuserordens, Nahrung fand. 1397 vollzog der Herzog des Urtheil, welches der von Albrechts Vater 1395 berufene Cölestinermönch Petrus, als Ketzerrichter, über die des Waldenserglaubens Angeschuldigten in der oberösterreichischen Stadt Steier aussprach und demzufolge mehr als hundert den Feuertod sterben mußten. Es bezieht sich darauf ein Erlaß des Herzogs vom 24. Mai 1397 „Von der Geschicht und Besserung wegen, die sich ieczund in Unser Stadt zu Steyr an etlichen Leuthen, die vom christlichen Glauben getretten … fürgangen.“ 1398 unternahm A. IV. die gewagte Pilgerfahrt nach Jerusalem, ward zu Venedig, wo er die Ausrüstung der nothwendigen Galeeren abwartete, vom Dogen und der Signoria glänzend empfangen und beherbergt, erreichte glücklich das Ziel der Reise, ließ sich am h. Grabe zum Ritter schlagen und entkam glücklich den Nachstellungen der Mohamedaner. Im Dec. kehrte er nach Wien zurück. Diese abenteuerliche Pilgerfahrt, welche die herzoglichen Finanzen stark in Mitleidenschaft zog, wurde nachmals mit allerhand fabelhaften Zügen ausgestattet und trug ihm den Beinamen „Wunder der Welt“ ein. – Ernster gestalteten sich seit 1399 die Gefahren für den Landfrieden Oesterreichs durch die frechen Gewaltthaten und Räubereien böhmisch-mährischer Adligen, an deren Spitze die von Neuhaus, Lippa, Kunstadt, Vöttau, [284] Radatiz, Latein u. a. traten. Gegen sie fochten die Schaaren der Herzoge, die Herren von Meissau, Walse, Chuenring u. a. ohne entscheidendes Glück. Waffenstillstände und Verträge fruchteten wenig; das Land litt furchtbar. – Um dieselbe Zeit wurde A. IV., ebenso wie seine herzoglichen Vetter in die Wirren gezogen, die sich an die Thronentsetzung des Luxemburgers, Wenzel, in Deutschland und die Gegenwahl Ruprechts von der Pfalz knüpften. Eingeleitet wurden diese politischen Verwicklungen durch den Kampf des böhmischen Herrenbundes gegen König Wenzel, dessen Vortheile sein eigener Bruder, König Sigmund von Ungarn, ausbeuten wollte und Helfer dabei auch an Jodok, dem Markgrafen Mährens, und an Herzog A. IV. fand, mit welchem er überdies auf sehr befreundeten Fuß trat. Die bezüglichen Ereignisse fallen in die Zeit von 1396–1398; im letzteren Jahre wird König Wenzel als Gefangener auf die Besitzung des österreichischen Adligen Stahremberg gebracht.

Der neue Wahlkönig Ruprecht ist bestrebt (vom Januar 1401 an), sämmtliche Habsburger, also auch A. IV., auf seine Seite zu bringen; doch ist dieser entschiedener Anhänger des Luxemburgers Sigmund, hält sich von jeder Parteinahme für die Wittelsbacher zurück und unterstützt aufs thätigste die Plane des ersteren. So gibt er Sigmund im J. 1401 mit Hülfstruppen das Geleite nach Prag und zurück nach Ofen und unterstützt den Ungarnkönig bei der zweiten Gefangensetzung Wenzels, der zunächst auf Schaunburg in Oberösterreich und nach drei Wochen (Aug. 1402) nach Wien geschafft und der Obhut des Herzogs anvertraut wird. Sigmund erklärt mit Urkunde vom 17. Sept. 1402 – er habe im Einvernehmen mit Ungarns Reichsständen A. IV. zum Statthalter des Reiches, Vormund allfälliger männlicher Nachkommen Sigmunds und beim Abgange solcher zum eventuellen Thronfolger bestellt. Selbst die wol eher mit Vorwissen Herzog Wilhelms als Albrechts IV. erfolgte Flucht des Königs Wenzel aus Wien, – woselbst er allerdings in möglichst freiem Gewahrsam war gehalten worden (11. Nov. 1403) – konnte nur vorübergehend die innigen Freundschaftsbeziehungen zwischen König Sigmund und Herzog A. IV. trüben. Obschon im ersten Augenblicke König Sigmund die österreichischen Herzoge insgesammt als Mitschuldige der Flucht seines Bruders ansah und zu einem rächenden Einfalle rüstete, gelang es doch bald A. IV., in Gesellschaft seiner Vettern Ernst und Leopold, den aufgebrachten Luxemburger in Ofen zu versöhnen und von jedem Mißtrauen, wenigstens soweit es ihn betraf, vollständig zu heilen. Ueberdies hatte sich ja der österreichische Herzog das Vertrauen Sigmunds (1402–3) durch die entschiedene Parteinahme gegen Jodok, den Markgrafen Mährens und Vetter Sigmunds, gewonnen, als dieser Luxemburger der Sache des Pfälzers zufiel und so dem luxemburgischen Parteiprogramme von 1401–2 untreu wurde. Hiebei fehlte es nicht an unmittelbaren nachbarlichen Zerwürfnissen zwischen dem österreichischen Herzoge und dem mährischen Markgrafen, da dieser das Fehdewesen und die Raublust seiner adeligen Vasallen zum Schaden des Donaulandes eher begünstigte als zu hintertreiben bemüht war. Die Angelegenheit verwickelte sich um so mehr, als dieser mährische Raubadel einen erwünschten Vorwand zu Feindseligkeiten gegen König Sigmund und seinen Verbündeten, Herzog A. IV., suchte und diesen in der Erklärung fand, man wolle die Unbilden rächen, die Prokop, Jodoks Bruder (1402 gleichzeitig mit Wenzel gefangen und von Schaunburg und Wien nach Preßburg gebracht, wo er ein halbes Jahr in Haft blieb), erlitten. Am schlimmsten trieben es Herr Heinrich von Kunstat auf Jaispitz, gemeinhin „Zuckenscheidt“ oder „dürrer Teufel“ genannt, und der Ritter Sokol, der „Schekel“, wie ihn der Oesterreicher hieß, besonders seit es ihnen gelungen war, die Znaimer Burg im Mähren einzunehmen und die Bürger der gleichnamigen Stadt unter ihre Gewaltherrschaft zu [285] bringen. Znaim wurde der Stützpunkt und feste Zufluchtswinkel einer furchtbaren Freibeuterrotte, die das nahe Oesterreicherland unausgesetzt bedrängte. Wider sie und die einheimischen Gesinnungs- und Gewerbsgenossen mußten Herzog A. IV. und Wilhelm das alte standrechtliche Verfahren, „Greinen“ (Raunen) genannt, wider auffrischen, das wir zuerst im Beginne des 14. Jahrhunderts angedeutet finden. – Zu diesen inneren Friedensstörungen gesellten sich neue Mißhelligkeiten Albrechts IV. mit seinem Vetter Wilhelm, die ebensowenig als die Zwiste im Schooße der leopoldinischen Linie durch die Taidungen vom 23. Febr. und 17. März 1404 abgethan wurden. Denn bald darauf verbinden sich A. IV. und Leopold IV. (21. April) wider alle unmittelbaren und mittelbaren Feindseligkeiten der Herzoge Wilhelm und Ernst. Um die mährischen Räuber in ihrem Hauptneste zu vernichten – sie hatten in letzterer Zeit Plätze in Oesterreich, wie Zistersdorf und Asparn, eingenommen und das ganze Grenzgelände unsicher gemacht – verband sich A. IV. mit König Sigmund zu einem gemeinsamen Heereszuge nach Mähren, der überdies als Einschüchterungsmittel gegen König Wenzel und Markgraf Jodok zu gelten hat und zugleich einen thatsächlichen Beweis der treuen Anhänglichkeit Albrechts an Sigmund abgeben sollte. Mit starker Heeresmacht erschienen die Verbündeten vor Znaim, Sigmund versuchte einen Handstreich gegen Kuttemberg, kehrte aber bald wieder zurück. Die Belagerten wehrten sich mit dem Muthe der Verzweiflung, vernichteten in kühnen Ausfällen die Belagerungsmaschinen und bewogen so die Gegner zum schmählichen Abzuge (27. Aug. 1404). Den beiden Fürsten wurde jedoch im Lager Gift beigebracht, wie es heißt, in schwarzem Pfeffer. Der von Herzog Wilhelm aus Wien zugesendete Arzt, ein „grober Schwabe“, wie der Chronist Windeck schreibt, „aber ein guter Arzt“, verordnete eine Gewaltcur, die der robuste Körper König Sigmunds, nicht so aber die schwächere Leibesbeschaffenheit des österreichischen Herzogs verwinden mochte. Auf der Heimkehr nach Oesterreich von tödtlichem Leiden erfaßt, ließ sich A. IV. in das Städtchen Klosterneuburg bringen, da er geschworen hatte, nicht eher nach Wien zurückzukommen, bevor er nicht Land und Leute an den frechen Räubern gerächt. Auf dem Wege dahin sah der Chronist Ebendorfer, damals noch Knabe, den todeskranken Fürsten in seiner Sänfte und hörte, wie er das Loos der armen Landbewohner bejammerte. A. IV. † 14. Sept. 1404, im Alter von 27 Jahren, „schlank gewachsen, schön von Gesicht, mit hochgerötheten Wangen, schwarzhaarig und schwarzbärtig, der nie das Brenneisen brauchte; ein ehrbarer Mann“ – wie ein Zeitgenosse ihn schildert. Vermählt mit Johanna, der Tochter des Herzogs Albert von Baiern, Grafen von Holland, Seeland und Hennegau, die ihn um sechs Jahre überlebte († 15. Nov. 1410), hinterließ er zwei Kinder, den Thronerben Albrecht V. und Margaretha, Gattin des niederbairischen Herzogs Heinrichs des Reichen.

Ebendorfer’s von Haselbach Chron. austr. b. Pez SS. rer. austr., II. Bd. Kurz, Oesterreich unter Herzog Albrecht IV. 2. Thl. 1830.