ADB:Bernhard VII.

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Artikel „Bernhard VII., Edelherr zur Lippe“ von Rudolf Falkmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 424–426, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhard_VII.&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 06:30 Uhr UTC)
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Bernhard VII., Edelherr zur Lippe, gen. Bellicosus, Sohn Simons IV. und der Herzogin Margaretha von Braunschweig, geb. 1429, † 2. April 1511, ist ein in der Geschichte Westfalens und Niedersachsens viel genannter Mann, der wie sein Ahnherr Bernhard II. sein ganzes Leben bis zum Alter von 82 Jahren in Helm und Harnisch zubrachte und daneben durch kirchlichen Eifer die Schuld seines kriegerischen Lebens zu[WS 1] sühnen suchte. Da sein Vater schon 1430 starb, stand er, mit seinem Bruder Simon, dem nachmaligen Bischofe von Paderborn, anfangs unter Vormundschaft seines Oheims Otto, dann des Erzbischofs Dietrich von Köln. Schon während dieser Zeit wurde Lippe in Fehden verwickelt, insbesondere für Spiegelberg gegen Braunschweig wegen der Erbschaften von Homburg und Hallermund. Ein andrer Krieg, der in Bernhards frühe Jugend fällt, die berühmte Soester Fehde, war für ihn und sein Land von den verderblichsten Folgen. Um 1444 brachen zwischen dem Erzbischof Dietrich und seiner reichen und mächtigen Stadt Soest Streitigkeiten aus. Nachdem jener mit zahlreichen [425] Bundesgenossen den Kampf eröffnet, unterwarf diese sich dem Herzog Johann von Cleve. Letzterer suchte den jungen B. der kölnischen Partei abwendig zu machen und sich den Besitz der wichtigen Stadt Lippstadt zu sichern, welche er zwar damals von Lippe in Pfandschaft hatte, deren Einlösung aber bevorstand. Er bot deshalb dem Edelherrn B. eine Theilung der Stadt gegen unentgeltliche Aufhebung der Pfandschaft an, und so ließ sich der übelberathene kampflustige Jüngling (1445) zu einem Bunde gegen Köln verleiten. Der anfangs vor Soest geführte Krieg nahm immer größere Dimensionen an und zog die meisten Fürsten und Städte Westfalens und Niedersachsens in seine Kreise. Ein vom Erzbischof geworbenes Heer von 40000 Böhmen und Meißnern (Dravanten) rückte unter Herzog Wilhelm von Sachsen heran, und diese barbarischen Horden, verstärkt durch kölnische Truppen, verwüsteten das blühende lippische Gebiet dermaßen, daß nur rauchende Trümmerstätten zurückblieben. B. selbst, der mit seinen Mannen von Soest herbeieilte, um die Stadt Blomberg zu vertheidigen, entging bei deren Erstürmung dem Tode oder Kerker nur durch schleunige Flucht zum Grafen Otto von Schaumburg, mit dessen Tochter Anna er verlobt war. Die meisten Städte und Burgen fielen den unerbittlichen Feinden in die Hand. Die neutrale Stadt Horn kaufte sich mit 3000 Fl., Lemgo, dessen Bewohner größtentheils entflohen waren, mit 26000 Fl. Brandschatzung los. Nur die kleinen Bergfestungen Sternberg und Falkenberg leisteten erfolgreichen Widerstand. Ebenso das mannhaft vertheidigte Lippstadt. Auch Soest wurde vergeblich belagert. Der fünfjährige Kampf wurde 1449 zu Köln beigelegt. Ungebeugt von diesem Mißgeschick begann B. mit der Herstellung seiner Städte und Burgen, nahm zunächst in Blomberg seine Residenz, verheirathete sich mit Anna von Schaumburg, stürzte sich mit unbezwinglicher Kampflust in neue Unternehmungen und machte sehr bald seinen Namen in weiten Kreisen geehrt und gefürchtet. Dies zeigt sich insbesondere darin, daß überall um seine Bundesgenossenschaft geworben, daß er von nah und fern als Vermittler und Schiedsrichter in Streitigkeiten oder als Schutzherr gesucht wurde. Seit 1451 verfolgte B. eifrig die alten Ansprüche seines Hauses auf die Herrschaft Rheda gegen den Grafen von Tecklenburg und griff wiederholt zu den Waffen, bis endlich 1491 der Vertrag zu Wiedenbrück, wodurch B. gegen 7200 Fl. auf Rheda verzichtete, dem Streit ein Ende machte. Im J. 1454 finden wir B. als Bundesgenossen des Grafen Walram von Mörs gegen Johann von Hoya im Kampfe um den erledigten Bischofsstuhl von Münster, insbesondere in den siegreichen Gefechten bei Koesfeld und Münster. In der minden-schaumburgischen Fehde 1469–71 kämpfte er für seine Schwäger von Schaumburg gegen Bischof Albert von Minden und Herzog Friedrich von Braunschweig, eroberte die Ulenburg und nahm an dem Friedensschlusse auf dem Fürstentage zu Göttingen Theil. Gleichzeitig leistete er 1469 dem Landgrafen Ludwig von Hessen Beistand gegen dessen Bruder Heinrich, während er in der Fehde des ersteren gegen Paderborn wegen des Schlosses Kalenberg 1464–71 auf der Seite seines Bruders, des Bischofs Simon, kämpfte. Im J. 1471 finden wir ihn bei der Fehde um die Nachfolge im Bisthum Hildesheim gegen Herzog Wilhelm von Braunschweig betheiligt. Der Bischof Heinrich von Münster sowie Graf Otto von Hoya suchten seine Hülfe gegen Oldenburg zu gewinnen; 1475 lag er mit dem Grafen Otto von Waldeck in Fehde. – Als im J. 1474 zwischen dem Kölner Domcapitel, welchem die Landgrafen Hermann und Heinrich von Hessen sowie der Kaiser Friedrich zu Hülfe zogen, und dem mit Burgund verbündeten Erzbischof Ruprecht ein heftiger Streit entbrannte, suchten beide Theile Bernhards Hülfe. Während der Kaiser ihn ermahnte, den Landgrafen beizustehen, suchte Karl der Kühne ihn auf seine und des Erzbischofs Seite zu ziehen, schickte während der Belagerung von Neuß (Sept. 1474) Gesandte an ihn [426] ab und veranlaßte ihn zu einer persönlichen Zusammenkunft. Der Plan, daß B. die Landgrafen in ihrem eigenen Gebiete angreifen sollte, kam zwar nicht zur Ausführung, er leistete aber dem Erzbischof wichtige Dienste, wofür er 1476 die Schlösser Arnsberg, Eversberg und das Marschallamt von Westfalen in Pfandschaft erhielt. – In der langwierigen Fehde des Bischofs Bertold von Hildesheim und des Herzogs Wilhelm von Braunschweig gegen die Stadt Hildesheim schloß er mit dieser und verschiedenen Hansestädten ein Bündniß und zog 1485 als Anführer der westfälischen Truppen über Hannover und Sarstedt, welches er verbrannte, gegen Braunschweig und half demnächst 1486 mit dem Herzog Boguslav von Pommern zu Hameln den Frieden vermitteln.

So finden wir ihn bis in sein hohes Alter fast fortwährend auf großen und kleinen Kriegszügen im Bunde mit fehdelustigen Herrn und Rittern beschäftigt, aber auch vielfach als Friedensstifter und Vermittler, insbesondere als Genosse zahlreicher Bündnisse, welche die Sicherung des Landfriedens gegen Raublustige bezweckten. Derartige Verbindungen schloß oder erneuerte er (1454–91) z. B. mit Köln, Cleve, Paderborn, Münster, Minden, Schaumburg, Hoya, Corvei, Braunschweig, Hessen, Hildesheim etc. – Daneben widmete er sich eifrig den kirchlichen Interessen, beförderte die Gründung von Klöstern zu Detmold, Lemgo, besonders das zum heil. Leichnam in Blomberg, welches er wiederholt mit freigebiger Hand dotirte, stiftete das Hospital zum heil. Geist in Detmold, stand auch auswärtigen Klöstern, Helmaashausen, Quernheim, Abtei Herford, mit Rath und That zur Seite, und war durch häufige Gaben für kirchliche Collecten, durch Aufnahme in geistliche Brüderschaften und Orden darauf bedacht, sein Seelenheil zu sichern. Besonders nahm er sich der Paderborner Kirche an und wurde vom Bischof Simon 1495 zum Verweser des Stifts ernannt. – Er starb mit Hinterlassung von zwei Söhnen und vier Töchtern und wurde in der Klosterkirche zu Blomberg beigesetzt, wo sein und Anna’s schöne Epitaphien noch erhalten sind. Ein gleichzeitiger Annalist nennt ihn einen vir multorum bellorum expertissimus, quem etiam principes et amabant et timebant, und der Hamburger Alb. Krantz rühmt ihn als einen virum supra multos militarem, satis ad bella fortunatum, constantem, procerum, fortem et omnibus virtutibus praeeminentem, qui summam apud omnes fidem promeruit.

Das Quellenmater. s. bei Preuß und Falkmann, Lipp. Regesten. Bd. 3–4.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: zn