ADB:Heinrich X.

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Artikel „Heinrich X., Herzog von Baiern und Sachsen“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 462–466, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_X.&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 18:58 Uhr UTC)
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Heinrich X., der Stolze, Herzog von Baiern und Sachsen, der zweite Sohn des Baiernherzogs Heinrichs IX. und der sächsischen Wulfhilde. 1123 feierte er seine Schwertleite, so daß er um 1108 geboren sein mag. Da sein älterer Bruder Konrad wegen schwächlicher Leibesbeschaffenheit von früh auf für den geistlichen Stand bestimmt war, kam an H. 1126 das väterliche Herzogthum. Die Familiengüter in Schwaben, Baiern und Sachsen hatte er mit seinem jüngeren Bruder Welf (VI.) in der Weise getheilt, daß ihm die sächsischen und die Hauptmasse der bairischen zufiel. Voll Kraft und Selbstgefühl trat er in eine Stellung, die auch hochstrebenden Ehrgeiz befriedigen konnte. Denn schon hatte ihm König Lothar seine einzige Tochter Gertrud verlobt, auch die Nachfolge in seinem sächsischen Herzogthume in Aussicht gestellt. Der enge Bund mit dem Könige und in Folge dessen der feindliche Gegensatz zu den als Widersachern des Reiches geächteten Staufern war bestimmend für sein ganzes Leben. Wie er auf dem ersten Landtage in Regensburg mit seiner gesammten Ritterschaft erschien, zunächst von der Landeshauptstadt selbst eine Abgabe einfordernd, zeigte sogleich den strengen Herrn, der nicht gewillt war von den herzoglichen Rechten nur das geringste preiszugeben. Schrecken einflößend, zog er dann im Lande umher, brach die Burgen und verheerte die Dörfer aller Friedensbrecher und Geächteten. Auf dem Gunzenlee, einem Welfenschlosse bei Mering unweit Augsburg, feierte er in der Pfingstoctave 1127 mit Aufsehen erregender Pracht seine Hochzeit mit der erst zwölfjährigen Gertrud. Gleich von den Festlichkeiten weg rückte er gegen die Staufer, seinen Schwager Friedrich und dessen Bruder Konrad ins Feld, konnte aber trotz seiner Vereinigung mit dem Könige Nürnberg nicht bezwingen. Gleichwohl belehnte ihn Lothar, nachdem sie um die Mitte August nach zehnwöchentlicher Belagerung von der Stadt abgezogen waren, zum Danke für die geleistete Hilfe außer dem nordgauischen Greding mit Nürnberg, indem er so seinen Kampfeseifer gegen die Staufer durch ein mächtiges persönliches Interesse schürte, übergab ihm auch alle jene sächsischen Kirchengüter, welche er selbst bisher zu Lehen getragen hatte. Im Herbste, wie es scheint, unternahm H. einen Angriff auf die Staufer in Schwaben, aber als er schon in Feindesnähe jenseit der Wernitz lagerte, zwang ihn die wohl durch strenges Regiment wachgerufene Unzufriedenheit seiner bairischen Herren zu schimpflichem [463] Rückzuge. Da war denn der friedliche Erfolg um so bedeutungsvoller, daß er im folgenden Jahre den Markgrafen Dietpold von Vohburg, der es bisher offen mit den Staufern gehalten, auf seine und Lothars Seite herüberzog, wozu wahrscheinlich die Verlobung seiner Schwester Mathilde mit Dietpolds ältestem Sohne das Mittel bot. Um die Mitte Juli 1129 rief den Herzog die Nachricht von der Auflehnung eines andern bairischen Großen nach Regensburg. Der dortige Domvogt Friedrich von Falkenstein aus dem Hause Bogen, durch H., wie es scheint, in seinen vogteilichen Rechten beeinträchtigt, hatte die Fahne des Aufruhrs erhoben. Einen Ministerialen der Regensburger Kirche, der dem Herzoge vielleicht als Untervogt diente, soll er listig zu sich gelockt und ermordet haben. Mit seiner gesammten Macht ging der Welfe an die Belagerung der Burg Falkenstein. Als ihn jedoch der König zum Angriff auf Speier abrief, eilte er ohne Zögern mit mehr als 600 Rittern dahin und überließ die weitere Belagerung Falkensteins der Ritterschaft seiner Schwester Sophie, die als Wittwe des Markgrafen Liutpold eben aus der Steiermark zurückgekehrt war. Vor Speier schlug H. am rechten Rheinufer sein Lager, um gleich hier Friedrich von Staufen entgegenzutreten, dessen Heranrücken erwartet wurde. Dieser stand noch unter dem frischen Eindrucke eines Ueberfalles, den H. in der Fasten 1129 im Kloster Zwiefalten auf ihn ausgeführt hatte und dem er mit Mühe entkommen war. Zur Nachtzeit stürmte er nun gegen Heinrichs Lager, traf jedoch die Baiern nicht unvorbereitet, ward zurückgeschlagen und tief in seine Lande hinein verfolgt. Als sich Speier um Neujahr 1130 an Lothar ergab, kehrte H. nach Baiern zurück, wo auch der lange umschlossene Falkenstein bald in seine Gewalt fiel. Vor Weihnachten öffnete auch Nürnberg dem Könige die Thore, Heinrichs neuer Besitz, den er jetzt erst antreten konnte. Um die Sitten fremder Völker und Fürsten kennen zu lernen, mit einer für sein Zeitalter ungewöhnlichen Wißbegier, unternahm H. um Ostern 1131 mit geringem Gefolge in Pilgertracht eine Reise nach Paris. Aber noch war der Krieg mit den Staufern nicht beendigt. Friedrich überfiel noch im selben Jahre die schwäbischen Lande der Welfen, H. vergalt ihm durch verheerende Rachezüge in das staufische Gebiet. In Baiern erwarteten den Herzog neue Händel, als nach dem Tode Bischof Kuno’s von Regensburg der aus Italien zurückgekehrte Friedrich von Falkenstein die Wahl Heinrichs von Wolfratshausen zum Nachfolger durchsetzte, worauf dieser, wol früherer Verabredung gemäß, die Vogtei dem Herzoge entzog und an den Bogener zurückstellte. Nach erfolglosen Bemühungen, die Wahl als ungültig erklären zu lassen, verheerte H. die Ländereien der Regensburger Kirche und bemächtigte sich durch einen Handstreich der bischöflichen Burg Donaustauf. Beim Durchzug durch das wolfratshausische Gebiet ward er eines Tages vom Grafen Otto von Wolfratshausen, einem Neffen des Regensburger Bischofs, so unerwartet überfallen, daß er nur der aufopfernden Treue eines seiner Leute die Rettung verdankte. Derselbe vertauschte rasch sein Pferd mit dem reichgeschmückten des Herzogs, der nicht einmal die Rüstung am Leibe trug, worauf sich die Feinde an ihn hielten und ihn nach tapferer Gegenwehr aus vielen Wunden blutend gefangen nahmen. Durch diesen Anschlag zu den höchsten Anstrengungen gespornt, griff der Herzog um Lichtmeß 1133 mit seiner gesammten Streitmacht die wolfratshausischen Lande im Innthal an, eroberte die Burg Amras und übergab sie den Flammen. Dann zog er mit seinem Bruder Welf, der ihm aus Schwaben Verstärkung zuführte, nach der Donau zurück, entsetzte das von den Bischöflichen neuerdings belagerte Donaustauf und zerstörte es, an seiner dauernden Behauptung verzweifelnd, gleich Amras durch Feuer. Nach kurzem Aufenthalt auf seinen schwäbischen Besitzungen kehrte er nach Ablauf der Osterwoche nach Baiern zurück, um sich nun mit großer Macht gegen Wolfratshausen [464] zu wenden. Zwar rückte ein starkes Entsatzheer heran, geführt von Bischof Heinrich, vom Vogte Friedrich, vom Markgrafen Liutpold von Oesterreich, dem Stiefvater der Staufer, und mehreren bairischen Grafen. Pfalzgraf Otto von Wittelsbach aber, der in beiden Lagern Verwandte hatte, bewog den Vogt Friedrich und den Grafen Otto, seinen Schwiegersohn, zur Unterwerfung und den letzteren zur Uebergabe der Burg. Der Herzog ließ Wolfratshausen in Asche legen, überantwortete Otto’s Frau unter gütigen Trostworten ihrem Vater und schickte den Grafen als Gefangenen nach Ravensburg, während er dem Vogte Friedrich sogleich Verzeihung gewährte. Bald darauf schloß auch Bischof Heinrich seinen Frieden mit dem Herzoge, indem er ihm die Grafschaft seiner Kirche um Kufstein und Rattenberg als Lehen übertrug. Im Sommer wandte sich H. wieder gegen die Staufer und eroberte Ulm und da auch der König Erfolg hatte, ward im Spätherbst und das Jahr darauf endlich die Unterwerfung der staufischen Brüder erzwungen. Neue Landerwerbungen, Ehren und kriegerische Triumphe in reichem Maße verschaffte dem Herzoge 1136 die Theilnahme an dem italienischen Feldzuge seines Schwiegervaters, dem er allein 1500 Ritter zuführte. Während des Zuges belehnte ihn der Kaiser mit der Markgrafschaft über Tuscien, mit der Burg Garda und Guastalla; überdieß erwirkte er 1137 beim Papste, daß H. als dessen Lehen auf seine und seiner Gemahlin Lebzeiten das mathildische Hausgut erhielt. Bereits vom Vater her Erbe der estensischen Güter, zählte der Welfe nun auch in Italien zu den mächtigsten Landesherren. Tuscien war freilich erst zu unterwerfen und nachdem die Lombardei und Romagna bezwungen waren, übernahm H., an der Spitze von 3000 Rittern selbständig operirend, diese Aufgabe. Zunächst brach er im Mugello dem mächtigen Grafen Guido, der sich gegen den früheren Markgrafen Engelbert aufgelehnt hatte, mehrere Burgen, zwang ihn zur Unterwerfung und zur Heeresfolge gegen Florenz. Dort führte er den vertriebenen Bischof in die Stadt zurück und eroberte die am Arno gelegenen Burgen S. Genesio, Fucechio und den Thurm von Cujano, den er zerstörte. Lucca ward auf Zureden des hl. Bernhard und einiger Bischöfe, die sich in Heinrichs Heer befanden, übergeben, eine der tuscischen Burgen um die andere gebrochen, und als sich zuletzt auch Grosseto am Umbrone unterwarf, ganz Tuscien der kaiserlichen Autorität zurückgewonnen. Von Grosseto aus begleitete auch Papst Innocenz den Baiernherzog, nicht ohne mit dem gebieterisch Auftretenden mehrmals in Zwiespalt zu gerathen. Gleich in Viterbo, wo der größere Theil der Bürgerschaft sich an den Gegenpapst Anaklet angeschlossen hatte, kam es zu Reibungen, als die Stadt auf die Vorstellungen Innocenz’ sich unterwarf und eine Buße von 3000 Pfund zahlte. Als Landesherr beanspruchte dieselbe der Papst, als siegreicher Feldherr der Welfe und der Kriegsmann setzte seinen Willen durch. Auf dem ganzen Zuge flossen H. als Straf- oder Lösegelder bedeutende Summen zu, aber er bedurfte ihrer wohl, denn um seine 1500 Ritter so ungewöhnlich lange zusammenzuhalten, mußte er ihnen hohe Löhne zahlen. Von Viterbo ging es nach Sutri, wo der Bischof, ein Anhänger Anaklets, vertrieben und durch einen deutschen ersetzt wurde. Rom ließ man seitwärts liegen, überschritt den Tiber, nahm Albano nach Verstörung der Vorstadt und gewann damit die ganze Campagna. Durch das Fürstenthum Capua zog H. dann nach San Germano am Fuße des Monte Cassino, in dessen Kloster ein Anhänger Anaklets als Abt das Feld behauptete und eine Söldnerschaar in Dienst genommen hatte. Durch kluge Unterhandlung, aber mit unverhüllter Beiseiteschiebung der päpstlichen Autorität bestimmte ihn der Herzog zur Unterwerfung. Nach Capua führte H. den vertriebenen Fürsten Robert zurück, der ihm für die Schonung seiner Stadt 4000 Pfund entrichtete, sein Herzogthum aus Heinrichs und des Papstes Händen zurückempfing und dem [465] Heere nach Benevent folgte. Schon wollten die Deutschen diese Stadt stürmen, um sie der Plünderung preiszugeben, doch der Papst vermochte den Herzog, ihrer zu schonen und sein Heer von den Mauern zurückzurufen. Auf dem weiteren Marsche ward Troja eingenommen und geplündert und nach glänzendem Siegeslaufe traf H. in den letzten Tagen des Mai 1137 in Bari mit dem Kaiser zusammen, an dessen Erfolgen er auch weiter Antheil nahm. Durch diese glorreichen Kriegsthaten, von denen sie ausführlich berichtet, erfuhr die wahrscheinlich von einem Regensburger Geistlichen gedichtete Kaiserchronik, deren Vollendung freilich später fällt, wol eine ihrer mächtigsten Anregungen. Auch eine directe Einwirkung des Herzogs auf die deutsche Litteratur läßt sich nachweisen: in seinem Auftrage und nach Wunsch der Herzogin dichtete um 1130 der Pfaffe Konrad, wol ein Kaplan Heinrichs, das Rolandslied. Im allgemeinen aber war des Welfen Regierung zu sehr von kaum unterbrochenem Waffenlärm erfüllt, als daß für eine ausgiebige Förderung friedlicher Bestrebungen Raum geblieben wäre. Durch den Tod Kaiser Lothars (3. Dez. 1137) fiel H. die Hauptmasse der braunschweigisch-nordheimischen Güter zu und wahrscheinlich ward ihm von dem Sterbenden auch das längst zugesagte Herzogthum Sachsen übergeben. Indem aber der Kaiser überdieß die Reichsinsignien seinem Schwiegersohne überantwortete, bezeichnete er ihn auch als den von ihm gewünschten Erben der Königskrone. Elf Jahre lang war der stolze Welfe dem Reichsoberhaupte am nächsten gestanden, von seinem Schwiegervater erhöht und bereichert gleich dem geliebtesten Sohne. Es war nicht anders möglich, als daß er nun die Nachfolge fast wie sein Recht beanspruchte. Und da einer der gewichtigsten Gründe für den Verfall des deutschen Königthumes in dessen unzulänglichen Mitteln gegenüber einem aufstrebenden Reichsfürstenthume lag, darf man wol sagen: nach menschlichem Ermessen wäre es für die deutsche Nation ein Glück gewesen, wenn mit H. der Gebieter einer so gewaltigen Hausmacht an ihre Spitze getreten wäre, ein Fürst, der sich rühmen konnte, daß seine Herrschaften von Dänemark bis Sizilien reichten. Doch in geistlichen wie weltlichen Wahlmonarchien hat sich oft bewährt, daß die Wähler dem nicht hold sind, der zu deutlich ausgesprochene Anrechte auf die Krone in seiner Person versammelt. Eben die außerordentliche Macht Heinrichs im Verein mit seinem hochfahrenden Wesen, das schon viele verletzt hatte, das ihn nun auch von allem Werben um die Gunst der Fürsten zurückhielt, rief von Land zu Land bei den Großen Mißtrauen und Abneigung gegen ihn hervor. Entscheidend wirkte, daß der Welfe auch von den einflußreichsten Vertretern des Klerus verworfen ward; denn von seiner Unterstützung der Kirche, von seiner Nachgiebigkeit gegen kirchliche Anforderungen wußte niemand zu erzählen. Was half es z. B. den Zwiefaltenern, daß der Papst H. gebot ihrem Kloster für den beim Ueberfall auf den Staufer Friedrich zugefügten Schaden einen goldenen Kelch zu schenken! Von Jahr zu Jahr ließ der Kirchenvogt die Mönche vergebens auf die Sühne warten. Am eifrigsten arbeitete gegen H. der Trierer Erzbischof Albero, apostolischer Legat in Deutschland, der in Italien persönliche Zerwürfnisse mit ihm gehabt hatte. Mit anderen Führern der kirchlichen Partei verständigte er sich auf den Staufer Konrad, Heinrichs alten Gegner. Am 7. März 1138 kam in Koblenz, freilich unter Betheiligung fast nur der rheinischen Gegenden, dessen Wahl zu Stande, aber obschon dieselbe gegen alles Recht und Herkommen verstieß, verschaffte ihr die weitverbreitete Abneigung gegen den Welfen bald in größeren Kreisen Anerkennung. Der neue König forderte von H. Auslieferung der Reichsinsignien und berief ihn auf Pfingsten zu einem Hoftage nach Bamberg, wo er aus seiner Hand die Lehen empfangen sollte. H. stellte sich nicht, aber schon griff in seinen Landen der Abfall um sich. Ein vereinzelter Bericht will wissen, daß er dann vom Könige in Nürnberg [466] belagert worden sei. Ist dieß richtig, so führte die Belagerung doch zu keinem Erfolge. Der König besaß die Reichsinsignien noch nicht, als er auf Johannis zu einem neuen Reichstage nach Regensburg kam. Dort aber entschied sich durch den Uebertritt der bairischen Kirche in der Hauptsache auch der des Landes. Erzbischof Konrad von Salzburg hatte seinen anfänglichen Widerstand gegen die Wahl des Staufers fallen gelassen und seine Unterwerfung zog ohne Zweifel den ganzen bairischen Klerus mit sich. Wenn H. seinen Plan auf die Krone nun fallen ließ und einer Gesandtschaft des Staufers die geforderten Reichsinsignien auslieferte, wenn überhaupt sein Auftreten an diesem wichtigsten Wendepunkte nicht ganz so selbstbewußt und energisch erscheint, wie man nach seinem Vorleben erwartet, so hat darauf der rasche Abfall der Baiern, der seine Unbeliebtheit im eigenen Lande enthüllte, wohl vornehmlich eingewirkt. H. soll selbst den Regensburger Hoftag noch aufgesucht, dort aber schon keinen Zutritt zum Könige mehr erlangt haben. Als Preis für die Auslieferung der Reichsinsignien hatte ihm Konrad, wie es scheint, das Herzogthum Sachsen und andere Reichslehen zugesagt, bei den weiteren Unterhandlungen zu Augsburg aber war davon nicht mehr die Rede, vielmehr erklärte der König es für widerrechtlich, daß zwei Herzogthümer in einer Hand lägen. Da der Welfe auf Sachsen nicht verzichten wollte, wurden die Verhandlungen abgebrochen, im Juli oder Anfang August auf einem Reichstage zu Würzburg die Acht über H. ausgesprochen und das Herzogthum Sachsen dem Markgrafen Albrecht ertheilt. Um Weihnachten entsetzte der König H. in Goslar nach Urtheil der Fürsten auch des Herzogthumes Baiern. Die bairischen Großen scheinen ihrem Herzoge nun fast sämmtlich den Rücken gewendet zu haben, zumal da dieser, die Vertheidigung Baierns seinem Bruder Welf überlassend, gleich von den Augsburger Unterhandlungen weg mit wenigen Begleitern heimlich durch Franken nach Sachsen geeilt war. Wie ein Löwe stürzte er sich dort auf Städte und Burgen seiner Widersacher und erndtete noch einmal große Erfolge. Konrad aber übertrug, wie es scheint, im Frühjahr das bairische Herzogthum seinem Halbbruder, Leopold von Oesterreich. Um den 25. Juli sammelte sich bei Hersfeld das Reichsheer zum Kriege gegen die Welfen. Um den 15. August lagen sich beide Heere bei Kreuzburg gegenüber, doch kam es zu keinem Kampfe, und Unterhandlungen endeten damit, daß der Welfe Herr in Sachsen blieb. Auch das Herzogthum seiner Ahnen hatte H. noch nicht aufgegeben; demnächst beabsichtigte er nach Baiern zurückzukehren und dort den Kampf mit dem Babenberger aufzunehmen. Da erlag er, in der besten Manneskraft und so unerwartet, daß es nicht an Gerüchten einer Vergiftung fehlte, am 20. Oktober 1139 zu Quedlinburg einer hitzigen Krankheit. In Königslutter zur Rechten Kaiser Lothars begrub man die Leiche des gewaltigen Fürsten, dessen Leben eine Kette von Kämpfen und Siegen bildet, dessen Ehrgeiz nach dem höchsten Ziele aber daran scheiterte, daß er die erste Macht der Zeit, die Kirche, sich nicht zum Freunde gemacht.

Stälin, Wirt. Gesch. II, 259 f. v. Giesebrecht, Deutsche Kaiserzeit, IV. Riezler, Gesch. Baierns, I, 609 f. Bernhardi, Lothar v. Supplinburg.