Topographia Braunschweig Lüneburg: Claußthal

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Topographia Germaniae
Claußthal (heute: Clausthal-Zellerfeld)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1654, S. 68–70.
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Claußthal.

Ist eine Bergstatt / in dem Fürstenthumb Grubenhagen belegen / dabey ein altes / in dem Oberhartzischen Gebirge / belegenes Bergwerck / vnd will man dafür halten / solches habe bey Keyser Heinrichs deß Andern Zeiten / etwa in anno 1016. seinen Anfang gehabt / Dann als zu dero Zeit das Rammelsbergische Bergwerck (welches bey Keyser Ottonis deß Ersten Regierung / Anno 972. erfunden worden / wie Michael Sachse in seiner Keyser-Chronica / Munsterus vnd andere Scribenten mehr bezeugen) mit Gewalt fortgetrieben worden / solches aber an Silber arm gewesen / hätten die Bergleute auff höhere Gebürge in dem Hartzwald sich begeben / newe Gänge außgeschürffet / vnd derogestalt diese Oberhartzische Bergwercke fündig vnd regig gemacht.

Eine geschriebene Goßlarische Chronica meldet / auß dem Lamberto Schafnaburgensi, daß diese Bergwercke wären in anno 955. vnd also ehe / als das Rammelsbergische erfunden worden. Ob nun zwar dieselbe biß zu Zeiten Hertzog Heinrichs deß Löwen / zimblichen Progreß gehabt / seynd sie doch damals / als Keyser Fridericus Barbarossa mit jetztgedachtem Hertzog Heinrichen schwere Kriege geführet / vngefehr in anno 1181. gantz verödet / vnd desolat worden / wie auß deß Buntingii Bericht / von damahliger Ruinirung deß Goßlarischen Bergwercks abzunehmen ist.

Dahero man zu vnsern Zeiten / wann in den alten Schachten / Strecken vnd Bingen / Pfeile vnd andere kriegische Instrumenta / imgleichen Menschengerippe / Steigbiegel vnd Sporn gefunden worden / dafür gehalten / daß solches eine Nachricht von erstgedachter Kriegs-Vnruhe / vnd dahero erfolgeten Bergwercks Verwüstung sey. Vnd weiln domals das Freybergische Bergwerck seinen Anfang genommen / wie auß Munstero vnd Sarepta [69] Matthesii zu ersehen / wären die verjagte Bergleute hauffensweise dahin gezogen / daselbst die Sachsenstatt nach ihnen genant worden.

Diese Bergwercke sind von bemeltem 1181. Jahr desolat geblieben / biß auffs Jahr 1209. wie eine geschriebene Chronica meldet / da dieselbe von Keyser Ottone dem Vierdten / als Er über den Hartz nach dem Closter Walckenried gezogen / (welcher Reise auch Buntingius gedencket) wieder befodert / vnd zur Auffnahm gebracht worden. Von solcher Zeit an / haben dieselbe also floriret / vnd zugenommen / daß im Hartze die Gänge guten theils außgeschürffet / entblöset / vnd viele Züge nützlich fortgetrieben worden / wie noch jetzo im Hartze hin vnd wieder zu besehen ist. Solche Glückseligkeit hat verursachet / daß so manniche Schmeltz- vnd Hüttenwercke gewesen / darüber man sich noch heutiges Tages verwundern muß / Dann weiln wegen Vielheit deß Bergwercks / die Holtzungen im Hartz abgenützet vnd verbawen worden / hat man die Ertze ins Land / nach dem Holtz vnd Wassern führen / vnd daselbst / wie man gekont / zu gute machen müssen / wie solches an den Schlackenhauffen / die nicht allein im Gebürge / sondern auch im Lande / an Wassern vnd Wäldern / hin vnd wieder ligen / abzusehen ist.

Vnter solchem erwünscheten Fortgang dieser Bergwercke / sind dieselbe / gleich wie die Goßlarische auff dem Reichstage zu Maintz / in anno 1235. von Keyser Friderico dem Andern / Hertzogen Ottoni zu Braunschweig vnd Lüneburg / deß Nahmens dem Ersten / eigenthümblich verehret vnd abgetretten worden. Hertzog Albrecht der Grosse / erstgedachten Hertzog Ottonis Sohn / hat bey seinem Leben / vnter seinen dreyen Söhnen die Hartzischen Bergwercke / nebenst seinen Landen getheilet / Hertzog Heinrich dem Aeltisten / der Wunderliche genant / ist zu theil worden / vom Bergwercke der dritte theil deß Rammelberges / sampt der Forst zu Clauß vffm Hartze / Hertzog Albrechten der dritte theil deß Rammelberges / mit dem halben theil deß Bergwercks zu Zell auffm Hartze / Hertzog Wilhelmen dem Jüngsten ist gefallen der dritte theil deß Rammelberges / sampt der helffte zu Zell auffm Hartze / wie bey mehrgedachtem Buntingio zu vernehmen ist. Vnd hat solcher glücklicher Succeß der Bergwercke gewehret / biß auff das Jahr 1340. zu Hertzog Magni deß Aeltern Zeiten / da dieselbe durch langwierigen Krieg / welchen damals Hertzog Albrecht / Bischoff zu Halberstatt / mit denen Grafen von Manßfeld vnd Reinstein geführet / abermal ruiniret vnd verwüstet worden. Etliche wollen / daß solche letzte Verödung vielmehr dero in anno 1348. in Teutschland erfolgeten grausamen vnd erschröcklichen Pestilentz zuzuschreiben sey.

Dieses Claußthalische Bergwerck ist von erwehnter Zeit an vngebawet ligen blieben / biß auff das Jahr 1554. als Hertzog Ernst zu Braunschweig / Herr zum Grubenhagen / solches wieder angreiffen / vnd da es zuvor zur Clauß genant worden / demselben den Nahmen zum Claußthal gegeben / wie gleicher gestalt mehrgedachter Historienschreiber Buntingius anzeiget. S. Fürstl. Gn. hochgedacht haben newe Bergfreyheiten ertheilet / vnd in benantem 1554. Jahr publiciren lassen / so noch jetzo im Truck verhanden / welche von den Fürstl. Successorn / bey angetrettener Landesfürstl. Regierung / jedesmahl gnädig confirmiret / vnd damit Gewercken / zu wieder erhebung solches Bergwercks / invitiret worden. Welche letzte Wiederauffnahme de anno 1554. biß auff jetziges 1653. in continuirlichem Baw 99. Jahr / durch Gottes Segen erhalten worden.

Die Bergstatt ligt ohne Maurwerck vmbgeben / zwischen dem Turn Rosenhöfer vnd Burgstätter Zügen / vnd ist erbawet in form vnd gestalt eines Creutzes / nach gelegenheit deß Thals vnd Gebirges / bestehend in 360. Wohnhäuser. Auff dem Marckt ist zu sehen eine wolgebawete newe Kirche / mit Bley gantz überdecket / in welcher der ordinari Gottesdienst an Sonn- vnd Feyertagen / auch in der Wochen / jetziger Zeit durch den General Superintendenten dieses Fürstenthumbs Grubenhagen / [70] als Pastorn dieses Orts / vnd dessen Diaconum celebriret wird / dazu am GottesAcker ein feines Kirchengebäw verhanden / in welchem bey Begräbnussen gepredigt / vnd der Gottesdienst abgewartet wird.

Am Marckte ist ein newerbawtes kostbares Fürstlich Ampthauß belegen / darinnen / was zu fortsetzung deß Bergwercks gehöret / angeordnet / verwaltet / vnd bestellet wird.

Auß Fürstl. gnädiger Concession vnd Bergfreyheit / bestehet das Regiment auff dieser Bergstatt in zweyen Gerichten / als dem Bergampt / vnd Richter / vnd Raht / derogestalt / daß wie ein Fürstl. Bergampt in Bergsachen / also Richter vnd Raht in Civil- oder Bürgerlichen Sachen / nach gelegenheit derselben zu erkennen / vnd Recht zu sprechen hat.

Der mehrertheil der Einwohner seynd Berg- vnd Hüttenleute / vnd bestehet die übrige Mannschafft in Handwercks- vnd Handelsleuten / deren eine Commun nicht entrahten kan.

Eine Meile von dieser Bergstatt / gegen Orient / ligt die Bergstatt Altenau / vnd drey Meilen der benambte Brockensberg. Zwischen Auffgang vnd Mittag ist belegen die Bergstatt S. Andreasberg. Gegen Mittage die Statt Osterrode / auff zwo Meilweges. Gegen Mitternacht / vnd gar nahe an dieser Bergstatt / ligt die Bergstatt Zellerfeld / der Fürstl. Braunschweig-Lüneburgischen Communion angehörig / vnd scheidet dieses vnd jenes territorium ein Wasser / der Zellbach genant / sampt denen dabey befindlichen Marcksteinen.

In solcher gegend / auff zwo Meil weges / ist belegen die Reichs-Statt Goßlar / sampt den Rammelsbergischen Bergwercken. Nicht gar weit von dieser Bergstatt / entspringet der Fluß / die Innerste genant / an einem sumpffigen Ort / so da heisset der Beerenbruch / solcher Fluß laufft durch den Hartzwald / auff die Statt Hildesheimb zu.

Anno 1631. den 18. Junij / Abends vmb 10. Vhr / gerieth in selbiger Bergstatt / durch einen Donnerschlag / die Sorgegasse in den Brand / darüber 44. Wohnhäuser im Rauch auffgiengen.

Anno 1634. am Abend S. Matthaei / vmb 9. vhr / ist daselbst eine grosse Fewersbrunst entstanden / welche in eines Kleinschmiedes Behausung auffkommen / vnd hat solches Fewr innerhalb sechs Stunden 166. Wohnhäuser / eine schöne auff dem Marckt belegene Kirche / sampt Pfarr- Schulen- vnd Rahthauß verzehret / vnd diese Bergstatt in grossen Ruin gebracht.

Anno 1639. den 15. Aprilis / am Ostermontage / ist abermal auff dieser Bergstatt ein Fewer auffkommen / durch welches innerhalb 3. Stunden 53. Gebäw / so von voriger Fewrsbrunst vnbeschädiget blieben / verzehret vnd eingeäschert worden; Ist aber durch Göttliche Verleihung alles fein wieder erbawet / vnd in guten Stand gebracht.