Wie / Nach der Art der alten Weisen / der Grund aller Kunst und Tugenden / mit Freuden einzuflössen

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Autor: Erhard Weigel
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Titel: Die bereiteste Execvtion Des Allerleichtesten Vorschlags / Wie / Nach Art der alten Weisen / der Grund aller Kunst und Tugenden / nechst dem Latein / auch kleinen Kindern / mit Freuden einzuflössen.
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Erscheinungsdatum: 1685
Verlag: Johann Bielken
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Erscheinungsort: Jena
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Quelle: Commons, im VD17 unter der Nummer 14:068125T
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[1]
Die bereiteste
EXECVTION
Des
Allerleichtesten Vorschlags /
Wie /
Nach der Art der alten Weisen /
der Grund
aller Kunst und Tugenden / nechst dem Latein /
auch
den kleinen Kindern / mit Freuden einzuflössen.
Unmaßgeblich entworffen
von
ERHARDO   VVEIGELIO,
Mathem. Prof. P.
______________________________________________________
JENA /
In Verlegung Johann Bielkens Buchhändlers.
Gedruckt mit Nisischen Schrifften. 1685.


[2] DAß die alten weisen Griechen / und nach ihrer Art die ersten Christen / in der Schul die Jugend von der Kindheit an allein in den 4. so genannten real- Freyen-Künsten unterweisen lassen / nehmlich in der Arithmetic oder Rechen-Kunst; in der Geometrie oder Ziel und Wendungs-Kunst; darneben in der Astronomie oder Weld-Kunst / dahin auch die Erdbeschreibung oder Geographie samt den vornehmsten Historien der Länder und Völcker sich beziehet / und in der Music oder Hermonie und Stim-Kunst / so daß Sie durch dieser Künste Lieblichkeit denen Kindern die Lust zur Weißheit; durch ihren Reichthum und Nachdruck / die Gelehrsamkeit; und durch ihre Richtigkeit die Tugenden und Sitten gleichsam unvermerckt mit Freuden beygebracht und angewehnt / das ist notorium,[1] und bezeugens alle Scribenten[2] / welche der alten Schul-Arten auch nur in etwas gedencken.

So ist auch bekant / daß weder die Griechen noch die Lateiner das Latein in Schulen lehrhafftig getrieben / und hat der Cicero[3] selbst weder decliniren noch conjugiren gelernet / sondern die Lateiner haben diese Sprach als ihre Mutter-Sprach (linguam vernaculam) zu Hauß in ihrer Kindheit; und die Griechen / wenn sie nach Latien verschicket worden / (gleichwie die Lateiner hinwiederum das Griechische wenn sie nach Griechen-Land gereyset) aus der Ubung und Conversation begriffen / oder bey erwachsenen Verstand der Kunst nach durch gewisse Regeln / wie wier ietzo auch das Teutsche / die Frantzosen das Frantzösische / tractiren / ausgeübet.

Daß auch die alten weisen Heiden und die ersten Christen ihre Jugend nicht / wie bishero geschehen / allein in Memorirn und Verstehen einiger den Kindern unmüglich zuverstehender / doch meists unnöthiger / Dinge / geübet / sondern ihre Kinder / weil sie noch jung / als kleine Pfläntzlein [3] in der Zucht zu halten / sich bemühet / und Sie den Willen wohl einzurichten / die affecten zu zähmen / und die Tugenden zu practiciren / mit gewissen Vortheilen (welche in den obgenannten 4. freyen Künsten stecken) vornehmlich angewehnt / bezeugen nicht allein so viel sonders Tugendhaffte Leuthe die unter ihnen gewesen; sondern nechst Beystimmung der Historien / geben solches auch die unter ihnen aufgerichteten Lehr-Secten / derer etliche zwar / als die Aristotelische[4] und Epicurische[5] / vornehmlich auf die Wissenschaften zielen; die meisten aber / als der Stoicker / der Gymnosophisten / (wie bey den Juden / der Phariseer / Esseer und Saduceer) Secten / sind vornehmlich auf die Tugenden / auf die Willens- und Affecten-Zähmungen / gerichtet gewesen / worinnen denn die Stoicker sich so sehr vertieft / daß Sie excessivè auch den Verdrus der Schmertzen-Fühlung denen Kindern abzugewehnen sich unterstanden.

Wie es aber kommen / daß von so viel hundert Jahren her die 4. freyen Künste / und damit alle Vortheil zur Kunst- und Tugend-Information, die bey den Kindern anzubringen / aus den Kinder- oder Knaben-Schulen gäntzlich ausgestossen / und davon allein die Vocal-Music / Cantoria / (nicht die Harmonie-Kunst) vor etliche arme Schüler / sie zum Chor in der Kirchen und auf der Gassen zugebrauchen / wie auch nur in etlichen das Ziffer-Rechnen (nicht die rechte Rechen-Kunst und Weißheit) vor diejenigen die nicht studiren sondern Haußhalter und Kauf-Leuthe werden wollen / auf einer sonderlichen und verächtlichen Schul-Banck noch gedultet worden; insonderheit aber wie es kommen / daß an statt derselben 4. freyen Künste (darinnen die Elemente aller so wohl Bürgerlicher- als natürlicher Wercke / die GOtt selbst geordnet und geschaffen hat / womit Er sich uns zeigen / und durch ihr Erkäntnis zu seiner und unserer Freud mit uns gleichsam spielen / auch mit der Prax derselben uns zu unserm eigenen Nutzen wohl beschäftiget haben / will) kurtz / daß an statt der Wercke GOttes / das Latein / das Menschen-Werck / in Schulen zum object verordnet / und bis in das zwanzigste Jahr wo nicht allein doch nur mit memorirung einiger Sententien und etwas Griechischer- und Ebreischer-Sprach vermischt / der Jugend eingeplaut zu werden vor würdig erachtet worden: vornehmlich aber wie es kommen / daß den Wercken Gottes die Werck der Lateinischen- und Griechischen-Poeten und anderer Heydnischen Scribenten / des Ovidii, Terentii, Petronii, Plauti des Virgilii Juvenalis etc. vorgezogen / und diese den Kindern nicht nur oben hin zuüberlesen / sondern Sie zu resolviren zudurchsuchen / auf [4] das genaueste zuverstehen / ja zu imitiren und nachzumachen / vorgegeben worden / darinnen zwar ie zuweilen ein und anderer feiner Spruch und wohlgegebener Sententz enthalten / keiner aber zu finden / der nicht ohne das von Natur oder aus täglicher Erfahrung iederman / ob zwar nicht mit eben so viel Worten / doch eigentlich / bekant seyn solte / worum einer ein grosses zu wetten und es zugewinnen sich trauen kan: hingegen sind so viel abscheuliche Schandpossen und Narrendeutungen / grobe Zoten / ärgerliche Thaten / alberne Fabeln / grausame Dichtungen von so viel und vielerleyen Göttern u. Göttinnen / unmenschliche Vermischungen derselben mit dem Vieh und andern / öffentlich darinnen angeführet / ja mit Abbildungen vorgestellet / heimlich aber / wie einer den andern hönisch aufziehen / über den Tölpel werffen / wie der liebe Sohn Pamphilus den alten Vater Chremesen durch Vermittelung des schlauen Knechts Davuses ums Geld schneutzen soll / das Courtoisiren fort zusetzen / und dergleichen / wird darinnen mit lebendigen Exempeln angeführet / öfters werden auch Vermahnungen und Reizungen mit eingebracht / und Regeln dazu gegeben / daß kein Wunder ist / wenn die Jugend hierauf so sehr zum bösen geneigt bisher befunden worden / daß auch einer und der andere / der solcher zarten Kirchen-Lehrer ihre Vorstellung practiciret / sich damit entschuldiget / er hätte es in der Schul gelernet.

Wie nun sag ich dieses alles gekommen / solches wäre wohl würdig daß es mit weitläuftiger remonstration dem gemeinen Wesen vor Augen gestellet würde. Gemeiniglich entschuldiget mans / mit der Schönheit des Lateins. Ich lobe und liebe dieselbe gleichfalls / und hoffe zulängliche Mittel erfunden zu haben / wie dieselbe vielmehr um ein grosses befödert / als um das geringste zu rücke gehalten werden möge. Allein in diesem Stück ists versehen / das man vermeynt / als ob man derselben Schönheit nicht geniesen / noch ihrer habhaft werden könte / wenn man nicht in der zarten Jugend unter dem Zwang des Bacels und der Ruthen darum so eyferig zu buhlen anfienge / und / den schmucken Schatz desto geschwinder ins Hertz zu fassen / über hohe / nehmlich Metaphysische / Kunst-Regeln in eben solcher Sprach / die man dadurch zu lehren sucht / gebrauchete / durch welche doch die Jugend so lang zurück gehalten wird daß sie bis ins zwantzigste Jahr zubringen muß / ehe sie nur ein wenig von der gemeinen Gestalt / geschweige von der Schönheit / des Lateins an sich nehmen und sich angewehnen kan. Und dieses anders nicht als wenn sie alle Schulzeit darauf wendet. Denn wenn Cicero / oder der Terentz [5] nach gemeiner Lehr-Art in uns eine Gestalt gewinnen soll / so muß nicht nur die gantze Jugend / sondern auch ein grosses Stück erwachsenen Alters / ihnen aufgeopfert werden. Unterdessen mag der HErr Christus mit seiner Gestalt / die Er in uns gewinnen solte / bleiben wo er will.

Hingegen wenn die Tugenden / als das Principal-Stück öffentlicher Lehr / vornehmlich in der Schul getrieben würden / nicht nur theoretisch / daß man wisse was vor Tugenden zu thun seyn / und wie mancherley sie seyn / etc. denn dieses giebt sich selbst / und ist das meiste von Natur bekant; sondern practisch / aber nicht allein mit Sagung- und Vermahnungen / denn diese treffen den Verstand mehr als den Willen; sondern mit der That / doch nicht erst denn / mit unbarmhertzigen Schlägen / wenn im Lesen oder memoriren oder sonst gefehlt worden / denn dis macht den Willen hart / und ist eben so als wenn man Vogel fangen und mit Brügeln drunter werffen wolte; sondern mit geschickter- angenehmer- munderer- und raisonabler Thätigkeit / womit die Jugend in den Schulen stets zu unterhalten / und damit von Viehischer Unmüßigkeit zu Hauß und auf den Gassen abzuhalten / wie es die 4. freyen Künste sattsam an die Hand geben: wenn die Jugend / sag ich / in der Schul vornehmlich zu den Tugenden also gehalten würde / wäre nicht allein der Grund der Künste und Wissenschaften / sondern auch die Schönheit des Lateins / noch vor dem 20sten Jahr / als ein Zugab / leichtlich zuerhalten.

Denn man rechne nur und überlege doch: die Schönheit des Lateins (wie aller Sprachen in der Weld) besteht darinnen / daß man erstlich wie die Sachen selbst davon man reden soll geschicklich / der Natur nach / auf einander folgen / wie sich eines auf das ander beziehe / wie das erste mit dem andern / und das dritte mit dem vierdten / und wie alles endlich zu dem vorgesetzten Zweck / proportionirt sey und sich schicke / daß man solches / sag ich / eben der Natur gemäß berechne und ausdencke / welches unumbgänglich das Erkäntnis solcher Sachen / wenigstes den Elementen nach / die in besagten freyen Künsten lieblich vorgestellet sind / erfodert: und zum 2. so besteht die Schönheit auch hierinnen / daß man / wie die Wörter / Phrases und Enunciationen oder Sprüche der gemeinen Leuthe ihrer Gewohnheit nach (der Art zureden nach) sich aufeinander schicken / nicht aus eigener caprice sondern einig und allein aus eines oder auch der andern Claßischen Autoren seiner Schrift per analysin ausrechne / und die vorgesetzte neue Rede durch die Regeln der Rhetoric, Logic, Oratorie und Poësie / nach derselben Schrift proportionire, sie wohl imitire und nachahme: [6] also daß zur Schönheit des Lateins eine Doppel-Rechnung erfodert wird / als eine Sachen-Rechnung / und dann eine Wörter-Rechnung / deren jene durch die 4. freyen Künste wie sie wohl zu führen angewiesen wird; und dieser zugefallen sind zwar in der Grammatic, Dialectic und Rhetoric oder Oratorie, gute Regeln aufgesetzt / die können aber von der Jugend keines weges verstanden werden / wenn sie nicht zuvor die Sachen-Rechnung wohl getrieben.

Denn wie wohl die Wörter-Rechnung in gar vielen Stücken von der Sachen-Rechnung abgeht / folgt sie doch in meisten Stücken der Natur / so viel nur immer müglich / nach. Und also wenn man in der Sachen-Rechnung durch die freyen Künste wohl geübet worden / so wird die Wörter-Rechnung leicht / und kan die Schönheit des Lateins (so wohl als anderer Sprachen) auch noch vor dem 20sten Jahr gar wohl erlanget werden.

Welche Schönheit zwar viel hochgelährte Leuthe / auch ohne in der Jugend die 4. freyen Künst geübt zu haben / herrlich practiciren können; aber nicht / daß sie / was in den freyen Kunst steckt / gar nicht gelernet hätten / sondern weil sie solches alles / oder doch das meiste und nachrichtlichste davon / anderweit her sich bekant gemacht / in dem sie desto grössern Fleiß und Mühe angewendt / aus blosser Übung (usu rerum) durch Vortreflichkeit ihres Ingenii, nichts desto weniger aber weit herum / nach langer Zeit / im Alter / ohne Vortheil / mit viel Kosten / eben das zu lernen / welches durch das Mittel der 4. freyen Künste Gott der Jugend ihren auch geringern Ingenio in kurtzer Zeit leicht einzugeben pfleget.

Wie nun iederman gar gerne Vortheil braucht / ob man gleich auch ohne Vortheil / aber langsam oder mühsam / eben solchen Zweck erhalten mag; so ist sich höchlich zuverwundern / wie es kommen können / daß die so vortreflichen Vortheil / nicht allein zur Kunst- und Tugend-Ubung leichtlich zugelangen / sondern auch die Schönheit einer Sprach (es sey lateinisch / griechisch oder eine andere /) leichtlich zubegreiffen / welche Vortheil in den freyen Künsten bey den alten Griechen und Lateinern in der That befunden worden / aus den Schulen sich verlohren haben: sonderlich da die Schuldiener / wenn sie die so vortheilhafte freye Künste oder durch Vermittelung der selben eine Sprach / nechst denen Tugenden den Schülern weisen / Sie nicht weniger als die Schüler lauter Lust und Freud davon empfinden / so daß auch die Schul ein Spiel / lateinisch Ludus; griechisch σχολὴ otium, eine Ruhe / davon genennet worden. Da bisher / nachdem die freyen Künste aus der Schul Abschied genommen / lauter Angst und Noth / Verdruß / Beschwerligkeit / und Mühe / sich darinnen eingeschlichen.

[7] Ohne Zweifel ist der Abschied solcher freyen Künste aus den Schulen nicht zugleich und auf einmahl geschehen / sondern nach und nach / daß man nicht weiß wer mehr und weniger dazu contribuirt. Gewiß ists / wer zum ersten von den Inspectorn auf die Gedancken kommen / das Latein mit seiner Schönheit könne besser nicht / auch bey der Jugend / (wie sonst bey dem Alter) angebracht und informiret werden / als der Kunst nach durch genaue Regeln und derselben stete Wiederholung; der hat grosse Schuld an diesem Ubel.

Denn sothane Regeln sind der Kinder ihrer Fähigkeit gar nicht proportionirt / zumahl wenn sie lateinisch abgefaßt anweisen sollen / wie lateinisch soll geredet werden; gleich als wenn man Vogel fangen / und dieselben Vogel selbst zu Lock-Vogeln ihrer selbst gebrauchen wolte. Derowegen nehmen diese Regeln alle zu der Schul gewidmete Stunden denen Kindern weg / und sind doch gantz und gar vergebens. Denn die Regeln helffen alten Leuthen eine Sprach begreiffen; aber Kinder hindern sie. Es lernen diese endlich zwar etwas Latein / wenn sie bis in das 20ste Jahr dis Wesen treiben; aber ihr Latein komt nicht von Regeln / sondern von Exempeln / theils die bey den Regeln stehen / theils die in den Claßischen autoren vorkommen / die man explicirt und resolvirt / vertirt und imitirt / memorirt / repetirt und examinirt. Bey solcher Arbeit aber kan nichts anders in der Schul tractiret werden / sondern es muß auch die GOttes-Furcht / geschweig die freyen Künste / so weit nachgesetzt verbleiben / daß / wenn gleich die zehen Gebot / das Evangelium / der Psalter und dergleichen / in der Schul zu finden / dennoch solche Dinge meistes nur entweder memoriret / oder explicirt / analysirt / und imitirt / das ist / der Sprach nach zuverstehen und nachzusprechen / angewiesen / aber nicht zu practiciren mit Vortheil angewehnet werden.

Gehet also alles auf die Sprach / und wird dieselbe vor ein Fundament gerechnet (da Sie doch / wie alle andere Sprachen / nur ein Instrument ist) das Gemüth zur Weißheit zuerbauen. Wer ist aber weiter Schuld daran / als diese / die aus guter Meynung denen Kindern mit Kunst-Regeln eben also / wie ein Fuhrman seinen Berg anziehenden Pferden mit Einhemmen / helffen wollen? Ich will kurtz und teutsch heraus gehen / und behaupten / daß der Abgang der 4. freyen Künste niemand mehr als denen öffentlich dazu bestelten Mathematicis sey zuzuschreiben oder beyzumessen / wenn sie still geschwigen / und es nicht erinnert haben / daß der Grund der Kunst und Tugenden / der in den freyen Künsten steckt / (die alle Mathematischer Profession sind) ohne unausprechlichen Schaden aus den Kinder-Schulen nicht vertrieben werden mag.

[8] Damit nun mir dergleichen Stille schweigen ferner nicht mag vorgeworffen werden / habe ich bis anhero was mir müglich ist gewesen und sich schicken wollen vorgenommen / unmaßgeblich das / was meines Ampts ist / zuerinnern / und darneben einige bequeme Instrumente zuerdencken / dieses heilsame Werck nach Mögligkeit / wo nicht ins grosse doch ins kleine / zubefördern.

     Derowegen ob ich zwar abgestatteter Relation, was bey der Prob des öfters angetragenen Vorschlags sich befunden / vor den allerleichtesten Weg gehalten / wenn das publicum selbst Hand anlegen / und / die alten Schulen unturbirt / nur eine neue Claß von solchen Kindern anzuordnen sich gefallen lassen würde / welche Kinder ohne das sonst nicht zur Schul geschickt zu werden / sondern auf den Gassen umzuspringen / und zu Hauß viel Unmuth anzurichten / pflegen / dergleichen denn die 2. 3. 4. und 5. jährige Kinderlein betrift; so hab ich doch die Execution hierinnen etwas schwer befunden / weil man publicè nicht gern was neues / das ist / etwas wieder die Gewonheit lauffendes / (es mag vor alters gut gewest seyn oder nicht) zu admittiren / sondern lieber heimlich solches öfters zu probiren / als geschwind und unbedachtsam anzunehmen / pfleget / welches denn nicht das geringste Stück ist der Vorsichtigkeit die bey pupliqu’ affairen anzubringen. Daraus denn nothwendig folget / daß es rathsamer sey / anfangs nur privatim eine oder mehr dergleichen Schulen im gemeinen Wesen anzustellen / oder nur zu conniviren / daß sie von Privat-Personen angestellet werden. Denn wenns wohl abgeht / so ists so viel als obs das publicum selbst angeordnet hätte / und mag man dergleichen Privat Schulen / wie vor diesem auch in Griechen-Land des Aristotelis, Pythagoræ, Platonis, Socratis gewesen / hernach leicht ins publicum transferiren. Sieht man aber mit der Zeit daß nichts dabey zu prosperiren / so kan man solches Specimen, weils an und vor sich unverfänglich ist / nachbleiben lassen wenn man will. Unterdessen habe ich noch den Ton die Sprüche des Vestibuli zu memoriren / welcher bey vorigen Tonen ausgelassen / hier anfügen / und das übrige dem Willkühr eines ieden der die Kinder liebet heimgestellet seyn lassen wollen.


 Salvete    pueri,    seit gegrüst ihr Knaben.
TANTVM.

Anmerkungen (Wikisource)