Zum Ehrenfestschen Paradoxon (Ignatowski)

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Textdaten
Autor: Wladimir Sergejewitsch Ignatowski
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Titel: Zum Ehrenfestschen Paradoxon
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aus: Physikalische Zeitschrift. 12. Jahrgang (1911), S. 414
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Erscheinungsdatum: 1911
Verlag: S. Hirzel
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Michigan-USA*, Commons
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Zum Ehrenfestschen Paradoxon.

(Auszug aus einem Briefe an Prof. V. Varićak in Agram.)

Von W. v. Ignatowsky.


Das Beispiel, welches Sie anführen[1], habe ich mir früher schon genau überlegt und möchte Ihnen im folgenden das Resultat mitteilen.

Es sei (Fig. 1) ein Stab von der Ruhelänge , der sich in der Richtung des Pfeiles

Fig. 1

mit der konstanten Geschwindigkeit bewegt in bezug auf einen ruhenden unendlich langen Papierstreifen, dessen Schnittlinie mit der Zeichenebene ist. Der Stab hat zwei Spitzen, die den Streifen ständig berühren. Der mit dem Stab bewegte Beobachter mißt die Zeit , und der mit den Streifen ruhende Beobachter mißt die Zeit . In einem Moment bewegt der ruhende Beobachter den Streifen in seiner ganzen Länge senkrecht zu . Für den gestrichenen Beobachter wird dies nicht in einem bestimmten Moment zustande kommen, sondern der Streifen wird ihm geknickt erscheinen (Fig. 2), und der Knick wird sich für

Fig. 2

den gestrichenen Beobachter mit der Geschwindigkeit in Richtung des Pfeiles bewegen[2]. Im nächsten Moment bringt der ruhende Beobachter den Streifen in die frühere Lage. Hierbei wird für den gestrichenen Beobachter ein Knick von entgegengesetzter Richtung entstehen. Im ganzen wird für den letzteren Beobachter

Fig. 3

sich ein Berg (Fig. 3) mit der Geschwindigkeit , in Richtung des Pfeiles bewegen, wobei die Länge , von der Zeit abhängt.

Da der Streifen die Spitzen berührt, so wird beim Passieren des Berges an den Spitzen, im Papier je ein Schlitz von der Länge entstehen. Machen wir unendlich klein, so geht Fig. 3 in Fig. 4 über, d. h. der ruhende Beobachter schlägt mit einem Ruck eine Pause. wird unendlich klein und er erhält zwei Löcher. Wir wollen den Abstand der beiden Löcher bestimmen.

Fig. 4

Der Berg in Fig. 4 bewegt sich in bezug auf den gestrichenen Beobachter mit der Geschwindigkeit . Also ist die Zeit, für den letzteren Beobachter, die nötig ist, damit der Berg den Stab durchläuft, gleich . Während dieser Zeit ht sich aber der Stab in bezug auf den bewegten Beobachter um eine Strecke bewegt. Folglich ist der Abstand der beiden Löcher, synchron gemessen, für den gestrichenen Beobachter gleich

. (1)

Mißt der ruhende Beobachter dieselbe Strecke synchron, so erhält er . Anderseits wissen wir, daß

(2)

ist, also

, (3)

d. h. ist die vom ruhenden Beobachter synchron gemessene (mit Hilfe der Pause) Länge des bewegten Stabes . Für den mit dem Streifen ruhenden Beobachter bewegt sich der Berg (Fig. 4) mit unendlich großer Geschwindigkeit. Es wird also der ruhende Beobachter bei der Anfertigung der Pause tatsächlich eine synchrone Messung der Länge des bewegten Stabes ausführen.

Macht also der ruhende Beobachter beim ruhenden Stabe eine Pause und beim bewegten Stab eine Pause , so werden und nicht gleich sein.

 Berlin, den 7. März 1911.

(Eingegangen 16. März 1911.)

  1. Diese Zeitschr. 12, 169, 1911.
  2. W. v. Ignatowsky, Der starre Körper und das Relativitätsprinzip. Ann. d. Phys. 33, 627–630, 1910.