ADB:Gerlach (Erzbischof von Mainz)

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Artikel „Gerlach, Erzbischof von Mainz“ von Theodor Lindner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 5–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gerlach_(Erzbischof_von_Mainz)&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 14:23 Uhr UTC)
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Gerlach: Erzbischof von Mainz, geb. etwa 1325, † am 12. Febr. 1371, war der dritte Sohn des Grafen G. von Nassau von der Walramischen Linie und der Landgräfin Agnes von Hessen. Als jüngerer Sohn früh für den kirchlichen Dienst bestimmt, erhielt er, vermuthlich in Folge der vielfachen Beziehungen [6] der Nassauer zu Mainz, schon in jungen Jahren dort eine Dompfründe und wurde bereits 1345 zum Domdechanten gewählt. Der damalige Erzbischof Heinrich von Virneburg wurde am 7. April 1346 vom Papste Clemens VI.[WS 1] abgesetzt und zugleich G., obgleich er noch sehr jung war, zu seinem Nachfolger ernannt. Jedenfalls verdankte er diese Erhebung dem Einflusse der Luxemburger, welche eben bemüht waren, Karl von Mähren zum Könige gegen Kaiser Ludwig von Baiern zu erheben, und es war demnach selbstverständlich, daß G. alsbald an der Wahl Karls IV., welche am 11. Juli in Rense geschah, thätigen Antheil nahm. Er assistirte auch dessen Krönung in Bonn am 26. November desselben Jahres und wurde dort mit den Regalien investirt. Aber in den Besitz seines Erzbisthums sollte er sobald nicht gelangen. Obgleich G. im Domcapitel eine Partei für sich hatte, behauptete sich doch der alte Erzbischof Heinrich, da dieser die festen Plätze innehatte. Die Seele des Widerstandes gegen G. war der später zum Verweser des Erzbisthums ernannte kraftvolle Kuno von Falkenstein. G. verweilte deshalb meist in den väterlichen Landen, bis der Tod Ludwigs auch seine Aussichten hob. Daher lehnte er einen ihm angebotenen Vergleich, der ihm das Erzstift nach dem Tode Heinrichs zusicherte, ab und begab sich zu Karl IV., der damals den Rhein heraufgezogen kam. Aber kräftige Unterstützung fand er bei diesem, der seine Kräfte gegen die Baiern zusammenhalten wollte, nicht; Karl ging bei seinem Einzuge in Mainz im Januar 1348 sogar die Verpflichtung ein, G. nicht mit sich in die Stadt zu bringen. Doch blieb der Erzbischof in der Folge in der Begleitung des Königs; 1348 erscheint er wiederholt als Zeuge bei wichtigen Handlungen in Prag, und ebenso wohnte er in Passau den Friedensverhandlungen mit Baiern bei. Im folgenden Jahre kam er mit dem Könige auf den Reichstag, der gegen Günther von Schwarzburg nach Speier berufen wurde, und damals, April 1349, erreichte Karl endlich, daß die Stadt Mainz G. als Erzbischof anerkannte. Aber der Besitz des Erzbisthums wurde ihm noch immer bestritten, und der König unterließ es, ihm weiteren kräftigen Beistand zu leisten. Daher suchte G. andere Unterstützung, ohne deswegen mit Karl zu brechen, und vereinigte sich im Februar 1351 mit dem Pfalzgrafen Rudolf zu gemeinsamem Verfahren bei einer eventuellen neuen Königswahl (diesem Vertrage trat 1354 auch Köln bei) und sicherte zugleich dem Pfälzer seine Stimme zu. Eine Reise nach Avignon in demselben Jahre hatte wol auch den Zweck, den Papst zu kräftigerem Einschreiten zu vermögen, aber ohne Erfolg. So sah sich G. wieder auf Karl IV. gewiesen, den er im J. 1353 auf dessen Fahrt nach Wien und durchs Reich begleitete. Da starb endlich Heinrich im December 1353 und am 3. Januar 1354 vermittelte Karl in Mainz selbst die Aussöhnung mit Kuno von Falkenstein, welche G. in den unangefochtenen Besitz seines Erzbisthums setzte. An den Reichsgeschäften nahm er weiter regen Antheil; fast jedes Jahr erscheint er in der Umgebung des Kaisers und auf dessen Reichstagen, vielfach thätig als Schiedsrichter zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Reichsfürsten. Auch beim Erlaß der goldenen Bulle in Nürnberg und in Metz 1356, bei der Taufe Wenzels 1361 war er zugegen. Karl scheint ihm sehr wohl gesinnt gewesen zu sein und hat ihm und seiner Familie viele Zeichen seiner Gunst ertheilt. Im Februar 1366 wurde ein ewiger Bund zwischen Mainz und Böhmen geschlossen. – Die Verwaltung seines Erzstifts ließ er sich eifrig angelegen sein und hat demselben manches Gute erwiesen, manche Vortheile gebracht. Aber die unruhevolle Zeit, die weitverzweigten Rechtsverhältnisse seines umfangreichen Gebietes ließen ihn selbst doch zu keiner rechten Muße kommen und hinderten ein andauerndes Gedeihen seines Landes. Zahlreiche Zwistigkeiten und Fehden hatte er durchzukämpfen, mit kriegslustigen kleineren Herren der Nachbarschaft, mit seiner eigenen Stadt Mainz, [7] welche die Zeit der Streitigkeiten um den Erzstuhl trefflich zu ihrem Vortheil benutzt hatte, mit dem Herzoge Albert von Braunschweig-Grubenhagen, mit den hessischen Landgrafen, namentlich mit Hermann dem Gelehrten u. s. w., doch sind diese Kämpfe nicht von größerer Wichtigkeit. Der Erzbischof scheint nicht ohne gelehrte Bildung gewesen zu sein, und man rühmt seine Güte und Milde, aber es wird auch geklagt, daß seine Kränklichkeit ihn verhindert habe, die Rechte seiner Kirche warm zu vertheidigen, und daß er sich von seinen Rathgebern, die nicht immer die tüchtigsten gewesen sein sollen, allzusehr habe leiten lassen. Er starb am 12. Februar 1371 in Folge ungeschickter Behandlung eines Steinleidens.

Das Material über Gerlach ist in verschiedenen Chroniken u. s. w. zerstreut; über seinen „Kampf mit Heinrich von Virneburg um das Erzstift Mainz“ hat Heinrich Colombel[WS 2] gehandelt im Programm des Gymnasiums zu Hadamar, 1862.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Seit 1342 Papst; Siehe Wikipedia: Clemens VI. (ca. 1290–1352)
  2. Heinrich Colombel (1819–1887), Oberlehrer am Gymnasium in Hadamar, Philologe