ADB:Hammerstein-Loxten, Rudolf Freiherr von

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Artikel „Hammerstein, Rudolf Freiherr von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 492–493, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hammerstein-Loxten,_Rudolf_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 15:31 Uhr UTC)
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Hammerstein: Rudolf Georg Wilhelm Freiherr v. H., aus dem Hause Loxten, kurhannoverscher General-Lieutenant, am 30. September 1735 zu Loxten im Osnabrückschen geboren, begann seine militärische Laufbahn als Fähnrich im hannoverschen Infanterieregiment Garde, machte den siebenjährigen Krieg mit und ging im Frühjahr 1793, durch Studien, Reisen und Erfahrung vielfach gebildet, als General-Major und Brigadier mit einem in englischem Solde stehenden „Auxiliarcorps“ nach den Niederlanden. Seine „Vertheidigung der Stadt Menin und Selbstbefreiung der Garnison“, unter welchem Titel der nachmals so berühmte Scharnhorst diese glänzende Waffenthat beschrieben hat, sichert ihm für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz in der Kriegsgeschichte. Menin am linken Ufer der Lys, ehedem eine nicht unbedeutende Festung, war in der Weise demolirt, daß nur der Hauptwall stehen geblieben war; das einzige Hindernißmittel [493] gegen das Ersteigen desselben bildete eine Künette in der Mitte des Grabens, welche hie und da palissadirt war. Diesen Ort wurde H. Ende April 1794 mit 2148 Mann Infanterie, 177 Artilleristen und 62 Reitern zu vertheidigen angewiesen. Alle Verhältnisse waren für diese Aufgabe in dem Grade ungünstig, daß Scharnhorst schreibt: „Hätte H. nicht die Ingenieure gezwungen, einen anderen Befestigungsplan zu befolgen, hätte er nicht die Reservemunition gewissermaßen mit Gewalt kommen lassen und nicht die nach Ypern bestimmten Mehlwagen zurückgehalten, so würde der Platz am 27. April offen, ohne alle Lebens- und Kriegsbedürfnisse und also gar nicht zu vertheidigen gewesen sein.“ An diesem Tage wurde Menin durch 20000 Mann von allen Seiten eingeschlossen. Am Nachmittage begann der Angriff und wurde an den beiden folgenden Tagen mit Heftigkeit fortgesetzt. Um 10 Uhr Vormittags am 29. schwieg plötzlich das Feuer. Moreau, der feindliche Befehlshaber, schickte an H. schriftlich die Aufforderung, den Platz zu übergeben, welche dieser zurücksandte, nachdem er darunter geschrieben hatte: „Nous sommes habitués à faire notre devoir, on ne se rendra pas“. Der Kampf begann unverzüglich von neuem. Die Stadt länger zu halten, war unmöglich; H. trat daher der Ausführung des von ihm schon länger gehegten Gedankens, sich durchzuschlagen, näher und beauftragte Scharnhorst, dazu die „Arrangements“ zu treffen. Auf seinen Entschluß wirkte der Umstand ein, daß unter der sonst fast ganz aus Hannoveranern bestehenden Garnison sich 400 Emigranten, meist frühere Officiere, befanden, und daß er besorgte, man möchte diesen eine etwaige Kapitulation nicht halten. In der Nacht vom 29. zum 30. geschah der Ausmarsch und Dank den getroffenen Anordnungen, der Bravour der Truppen und der Energie der Führer, glückte er vollständig; wenn auch unter schweren Verlusten, in grausigem Nachtgefechte die dichten Reihen der Gegner durchbrechend, gelangte die kleine Schaar ins Freie und zu den Ihrigen. „Man findet kein Beispiel in der Geschichte, wo eine sehr unbedeutende Garnison von Infanterie aus einem Orte, der von einem acht bis zehn Mal stärkeren Feinde eingeschlossen und belagert wurde, sich durchgeschlagen hätte“, heißt es in der Scharnhorst’schen Schrift. Eine kleine Abtheilung, welche in Menin zurückgelassen war, um den Gegner zu täuschen und weil in der Nacht möglicherweise noch Entsatz kommen könnte, kapitulirte am folgenden Morgen unter ehrenvollen Bedingungen. - H. nahm dann ferner am Kriege mit Auszeichnung Theil, führte nach der Schlacht bei Tourcoing und bei dem immer weiter fortgesetzten Rückzuge, welcher in den ersten Monaten des J. 1795 die Räumung Hollands und die Rückkehr auf heimisches Gebiet zur Folge hatte, unter sehr schwierigen Verhältnissen die Nachhut und übernahm zuletzt den Oberbefehl über die hannoverschen Truppen (L. v. Sichart, Gesch. d. hannov. Armee, 4 Bde., Hannover 1871). Während der Ereignisse des J. 1803, welche zur Auflösung der Armee und zur Besitznahme des Kurstaates durch die Franzosen führten, commandirte er eine Division und lebte dann zu Hannover, bemüht, die materielle Lage seiner entlassenen Kameraden zu bessern. Er starb am 4. October 1811 zu Schenkenhorst bei Erxleben in der Altmark. Anspruchslose Biederkeit und eine an Eigensinn grenzende Festigkeit waren Grundzüge seines Charakters; die erstere bekundet die unumwundene Anerkennung der von Scharnhorst ihm geleisteten Dienste, die letztere half ihn die großen Schwierigkeiten überwinden, welche ihm während des Krieges in den Niederlanden und namentlich in Menin entgegentraten.