Bekanntmachung, den Vollzug der Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Februar 1910 betreffend

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Titel: Bekanntmachung, den Vollzug der Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Februar 1910 betr.
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Fundstelle: Ministerial-Amtsblatt Königreich Bayern, Band 1910, Nr. 12, Seite 195–218
Fassung vom: 17. März 1910
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Bekanntmachung: 20. März 1910
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Nr. 2132/45.

K. Staatsministerium des Innern.
Bekanntmachung.
Den Vollzug der Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Februar 1910 betr.

Zum Vollzuge der Verordnung über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Februar 1910 (R.G.Bl. S. 389) wird im Einverständnisse mit den K. Staatsministerien des K. Hauses und des Äußern, der Finanzen und für Verkehrsangelegenheiten, sowie mit dem K. Kriegsministerium nachstehendes bekanntgegeben: [196]

I. Allgemeine Bestimmungen.[Bearbeiten]

1. Unter der Bezeichnung „Polizeibehörde“ und „höhere Verwaltungsbehörde“ sind die Distriktsverwaltungsbehörden, in München die K. Polizeidirektion zu verstehen, soweit nicht im folgenden anderes bestimmt ist.
Der Instanzenzug bestimmt sich nach den für Polizeisachen maßgebenden Vorschriften. In den Fällen des Rekurses gegen die Versagung oder Entziehung der Fahrerlaubnis hat gemäß § 5 Abs. 2 des Reichsgesetzes vom 3. Mai 1909 (R.G.Bl. S. 437) bei den K. Regierungen, Kammern des Innern, das in § 53 der Verordnung vom 29. März 1892 (Ges. u. VO. Bl. S. 61) angeordnete Verfahren einzutreten.
2. Zur amtlichen Anerkennung der Sachverständigen für die Prüfung von Führern und Kraftfahrzeugen sind die K. Regierungen, Kammern des Innern, zuständig.
Wer als Sachverständiger für die Prüfung von Kraftfahrzeugen amtlich anerkannt werden will, hat der K. Regierung, Kammer des Innern, seine Sachkunde und Unparteilichkeit darzutun und zu diesem Zwecke nachzuweisen:
a) ein abgeschlossenes Studium auf einer technischen Hochschule,
b) eine mindestens zweijährige Betriebspraxis vor oder nach beendigtem Hochschulstudium,
c) eingehende Kenntnisse des Baues und Betriebs von Kraftfahrzeugen; soweit dieser Nachweis nicht durch Ingenieurpraxis in einer Kraftfahrzeugfabrik erbracht werden kann, muß sich der Anwärter mindestens vier Wochen in einer Kraftfahrzeugfabrik von Ruf informatorisch beschäftigt haben.
Außerdem muß der Anwärter
d) den Besitz des Führerscheins nachweisen und
e) die Versicherung abgeben, daß er in keinem Abhängigkeitsverhältnisse zur Kraftfahrzeugindustrie steht.
Zu einer Abweichung von diesen Grundsätzen ist die Genehmigung des K. Staatsministeriums des Innern erforderlich; zufolge einer zwischen den Bundesregierungen getroffenen Vereinbarung wird hiezu jeweils die Zustimmung des Reichskanzlers erholt werden. [197]
Wer als Sachverständiger für die Prüfung der Führer von Kraftfahrzeugen amtlich anerkannt werden will, hat denselben Anforderungen zu genügen, soweit nicht für die unter a, b, c geforderten Nachweise Abweichungen durch das K. Staatsministerium des Innern zugelassen werden.
Die Sachverständigen sind zu verpflichten, die Gebührenordnung (Verordnung vom 3. Februar 1910, Anlage A Ziff. XIV, Anlage B Ziff. IX) einzuhalten und der K. Regierung, Kammer des Innern, alljährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit zu erstatten.
Des Beirats der anerkannten Sachverständigen werden sich die Polizeibehörden auch in sonstigen Fragen des Automobilwesens bedienen. Wenn z. B. aus einzelnen Orten auffallend viele Anzeigen über Schnellfahren eingehen, empfiehlt es sich, das von den betreffenden Polizeiorganen zur Feststellung der Übertretungen angewendete Verfahren einer Prüfung durch den anerkannten Sachverständigen zu unterziehen; ferner empfiehlt es sich, diesem die Erhebungen über Automobilunfälle jeweils zur Kenntnisnahme und etwaigen Äußerung mitzuteilen.
3. Nach Ziff. I Nr. 4 der Anlage B zur Verordnung vom 3. Februar 1910 ist zur Erlangung des Führerscheins der Nachweis erforderlich, daß der Antragsteller den Fahrdienst bei einer durch die zuständige höhere Verwaltungsbehörde zur Ausbildung von Führern ermächtigten Person oder, Stelle (Fahrschule, Kraftfahrzeugfabrik) erlernt hat. Unter der Bezeichnung „höhere Verwaltungsbehörde“ sind hier die K.Regierungen, Kammern des Innern, zu verstehen. Die Bestimmungen über die Einrichtung, den Betrieb und die Beaufsichtigung von Unterrichtsanstalten bleiben vorbehalten.
Gesuche um die Ermächtigung zur Ausbildung von Führern werden mit besonderer Sorgfalt zu würdigen sein. Als geeignet werden vorzugsweise solche Personen gelten, die eine umfangreiche und vorwurfsfreie praktische Tätigkeit als Führer aufzuweisen haben und für eine gewissenhafte Ausbildung volle Gewähr bieten. Ob und inwieweit es geboten ist, sie vor der Ermächtigung in Bezug auf ihre Fähigkeiten einer besonderen Prüfung zu unterwerfen, wird je nach den Umständen zu entscheiden sein. Jedenfalls empfiehlt es sich, die Ermächtigung nur auf Widerruf zu [198] erteilen. In der Regel wird es sich naturgemäß um die Ermächtigung zur gewerbsmäßigen Ausbildung von Führern handeln; daneben wird es aber auch den K. Regierungen, Kammern des Innern, unbenommen sein, in besonders gelagerten Fällen zu gestatten, daß eine nicht allgemein ermächtigte, im Besitze des Führerscheins befindliche Person die Ausbildung einer bestimmten anderen Person vornimmt.
4. Zur Sicherung eines gleichmäßigen Vollzugs der vorstehenden Bestimmungen werden sich die K. Regierungen, Kammern des Innern, des Beirats des Polytechnischen Vereins in München bedienen. Sie werden ihm zu diesem Zwecke vor Erteilung der Anerkennung oder Ermächtigung die Gesuche zur gutachtlichen Äußerung übersenden und jeweils die Tätigkeitsberichte der amtlich anerkannten Sachverständigen zur etwaigen Erinnerung mitteilen, ferner seine Mitwirkung bei der Überwachung der zur Ausbildung von Führern ermächtigten Personen und Stellen in Anspruch nehmen. Auch zur Beratung in allen sonstigen technischen Fragen des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen wird der Polytechnische Verein empfohlen.
5. Für die Zulassung und Kennzeichnung der im Eigentum der Postverwaltung stehenden Kraftfahrzeuge und die Zulassung ihrer Führer kommt der K. Oberpostdirektion München, bezüglich der Zulassung und Kennzeichnung der im Eigentum der Militärverwaltung stehenden Kraftfahrzeuge der Inspektion des Ingenieurkorps und der Festungen die Stellung der höheren Verwaltungsbehörde zu; eine Mitwirkung der Polizeibehörde nach § 6 Abs, 2 Satz 2 und [Bekanntmachung, betreffend die Regelung des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen#§ 9.|§ 9]] findet nicht statt (vgl. unten Abschn. II Ziff, 1 zu § 8 am Ende).
Für die Prüfung dieser Fahrzeuge und ihrer Führer kommt der K. Werkstatteinspektion Aubing und dem Eisenbahnbataillon die Stellung des amtlich anerkannten Sachverständigen zu.
Das Eisenbahnbataillon ist auch zur Erteilung und Entziehung der Fahrerlaubnis berechtigt,
6. Bezüglich des Verkehrs mit der für das Deutsche Reich bestehenden „Sammelstelle für Nachrichten über Führer von Kraftfahrzeugen“ (Polizeipräsidium in Berlin) wird auf die Anlage B der Verordnung, Ziff. I Abs. 2, Ziff. VI Abs. 4 verwiesen. [199]
7. Hinsichtlich der bei der Durchführung der Verordnung zu erhebenden Gebühren, soweit sie nicht am Schlusse der Anlagen A und B der Verordnung festgesetzt sind, ist vorläufig die Ministerialbekanntmachung vom 21. August 1908 (M. A. Bl. S. 415. Fin. Min. Bl. S. 143) sinngemäß zu beachten.

II. Besondere Bestimmungen.[Bearbeiten]

Zu § 2.[Bearbeiten]

1. Unter den in Abs. I angeführten „Vorschriften“ sind nicht allein orts-, distrikts- und oberpolizeiliche Vorschriften, sondern auch gesetzliche Bestimmungen zu verstehen,
2. Durch die Verordnung vom 3. Februar 1910 wird § 32 der oberpolizeilichen Vorschriften vom 17. September 1906 (Ges. u. VO. Bl 3. 729) insoweit nicht berührt, als hienach auf Straßenlokomotiven und schwere Vorspannmaschinen die oberpolizeilichen Vorschriften vom 7. Mai 1902 (Ges. u. VO. Bl. S. 193) anzuwenden sind

Zu § 3.[Bearbeiten]

Gleitschutzvorrichtungen von normaler Beschaffenheit (Stahlniete auf der Reifendecke) sind zulässig (zu vergleichen Anl. B der Verordnung unter II Abs. 3).

Zu § 4.[Bearbeiten]

1. Durch die Verordnung vom 3. Februar 1910 wird § 33 der oberpolizeilichen Vorschriften vom 17. September 1906 (Ges. u. VO. Bl. S. 729) nicht berührt, wonach der Gebrauch von Huppensignalen für andere Fahrzeuge als Kraftfahrzeuge verboten ist
2. Der Zweck der an den Kraftfahrzeugen anzubringenden Laternen ist ein doppelter. Einerseits sollen sie im Interesse der allgemeinen Verkehrssicherheit das Nahen des Fahrzeugs und dabei gleichzeitig dessen Abmessungen erkennen lassen; anderseits sollen sie im Interesse des Führers für eine ausreichende Beleuchtung der Fahrbahn sorgen. Soweit diesem Zwecke nicht durch zwei Laternen genügt werden kann – was in der Regel der Fall sein wird –, bedarf es der Anbringung weiterer Laternen. Der Forderung, [200] daß „die seitliche Begrenzung des Fahrzeugs“ angezeigt werden muß, wird entsprochen, wenn die Laternen so weit von der Mitte des Fahrzeugs entfernt angebracht sind, als dessen Bauart es gestattet; es ist nicht notwendig, daß sie selbst die äußersten Seitengrenzen des Fahrzeugs bilden.
3. Als Vorrichtungen, die der Vorschrift in Nr. 6 genügen, sind beispielsweise anzusehen:
Schloß zum Feststellen des Schalthebels,
Kette zum Festlegen eines Wagenrads,
herausnehmbarer Kontakt der Zündleitung (bei Verbrennungsmaschinen),
abnehmbarer Griff des Brennstoffleitungsverschlusses,
herausnehmbarer Stromunterbrecher (bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen).

Zu § 5.[Bearbeiten]

1. Um das Schreibwerk zu vermindern und um zeitraubende Rückfragen zu vermeiden, empfiehlt es sich, daß der Antrag auf Zulassung eines Kraftfahrzeugs bei der höheren Verwaltungsbehörde (Distriktsverwaltungsbehörde) auf Formular – nach anliegendem Muster – erfolgt.
Das Verfahren bei der Zulassung eines Kraftfahrzeugs soll an einem Musterbeispiel erläutert werden; hiebei sind die Bestimmungen der §§ 56, 62 des Reichsstempelgesetzes vom 15. Juli 1909 berücksichtigt.
N. N., wohnhaft in Hersbruck, hat in Nürnberg ein Kraftfahrzeug gekauft und will es dort in Betrieb setzen. Er richtet unter Verwendung des vorbezeichneten Musters und Beifügung der dort angegebenen Anlagen an die für seinen Wohnort Hersbruck zuständige höhere Verwaltungsbehörde (das Bezirksamt Hersbruck) den Antrag auf Zulassung des Fahrzeugs.
Die höhere Verwaltungsbehörde bewirkt, wenn sie den Antrag und seine Anlagen für ordnungsmäßig befunden hat,
die Eintragung des Fahrzeugs in die Spalten 1–10 der Liste (Muster 1 der Verordnung),
die Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung für das Fahrzeug (Muster 2 der Verordnung), [201]
die Benachrichtigung des Antragstellers von dem Geschehenen (wobei insbesondere das demnächst von dem Fahrzeug zu führende Kennzeichen anzugeben ist)
und übersendet den Antrag mit seinen Anlagen sowie die ausgefertigte Zulassungsbescheinigung an die für den Wohnort des Antragstellers zuständige Amtsstelle zur Erteilung von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge (das Steueramt Hersbruck) zur weiteren Veranlassung in steuerlicher Hinsicht und zur demnächstigen Weitergabe an die Polizeibehörde für Nürnberg (Stadtmagistrat Nürnberg) zur weiteren Veranlassung gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 und § 9 der Verordnung.
Das Steueramt Hersbruck trägt die Anmeldung in das Anmeldebuch ein, prüft die Anmeldung nach, setzt die zu zahlende Reichsstempelabgabe fest, bewirkt darauf
die Ausfertigung einer Erlaubniskarte für das Fahrzeug,
die Eintragung des Fahrzeugs in die Bezirksliste,
die Benachrichtigung des Antragstellers mit der Aufforderung, den festgesetzten Steuerbetrug an sie einzuzahlen,
übersendet unter Zurückbehaltung der steuerlichen Anmeldung den Zulassungsantrag nebst den verbleibenden Anlagen sowie die ausgefertigte Erlaubniskarte (Steuerkarte) an den Stadtmagistrat Nürnberg zur weiteren Veranlassung (siehe oben) und verbindet damit das Ersuchen, nach erbrachtem Nachweis von der Zahlung der Reichsstempelabgabe die Steuerkarte dem Antragsteller auszuhändigen.
Der Stadtmagistrat Nürnberg fordert den Antragsteller schriftlich auf, an dem von ihr festgesetzten Termin das Fahrzeug vorzuführen (§ 30 der Verordnung) und dabei den Nachweis von der Zahlung der Reichsstempelabgabe zu erbringen. In dem Termin hat der Stadtmagistrat unter Beobachtung der Vorschriften im § 9 der Verordnung die Abstempelung der Kennzeichen zu veranlassen und Zulassungsbescheinigung sowie Steuerkarte auszuhändigen; in der Zulassungsbescheinigung ist zuvor auf Seite 3 der Aushändigungsvermerk einzutragen. Der Stadtmagistrat Nürnberg gibt dem Steueramt Hersbruck von dem Tage der Aushändigung der Erlaubniskarte Nachricht und sendet alsdann dem Bezirksamt Hersbruck die übrigen Vorgänge gleichzeitig unter Mitteilung [202] zurück, wann die Aushändigung der Zulassungsbescheinigung erfolgt ist.
Das Bezirksamt Hersbruck bewirkt die Ausfüllung der Spalte 11 der Liste (Muster 1 der Verordnung) und nimmt die entstandenen Vorgänge zu den Akten.
2. Das vorstehend angegebene Verfahren ändert sich dann, wenn eine Steuerpflicht nach dem Reichsstempelgesetze nicht begründet ist, dahin, daß die Steuerbehörde die Verhandlungen einfach mit der Bescheinigung der Steuerfreiheit an die Polizeibehörde weitergibt. Alsdann findet die Abstempelung des Kennzeichens und die Aushändigung der Zulassungsbescheinigung ohne den Nachweis der Steuerentrichtung statt und entfällt die weitere Mitteilung an die Steuerbehörde.

Zu § 6.[Bearbeiten]

1. Bei der Neuaufstellung der Listen der zugelassenen Kraftfahrzeuge werden die bisher geführten Listen zur Grundlage dienen. Zweckmäßig erscheint es, für die Kraftzweiräder und für die übrigen Kraftfahrzeuge getrennte Listen zu führen. Daneben empfiehlt sich die Anlegung je einer Hilfsliste, die enthalten muß in einer Spalte 1 fortlaufend die sämtlichen im Bezirke zur Ausgabe gelangenden Erkennungsnummern (nach der Zahlenreihe), und daneben in einer Spalte 2, die für Änderungen genügend Raum bietet, die jeweilige Nummer, unter der das mit dem in Spalte 1 angegebenen Kennzeichen versehene Fahrzeug in der Hauptliste erscheint. Die Hilfsliste ermöglicht einmal die sofortige Auffindung einer gesuchten Erkennungsnummer in der Hauptliste und zweitens macht sie ohne weiteres ersichtlich, welche Erkennungsnummern im Bezirke noch verfügbar oder wieder frei geworden sind,
2. Die Distriktsverwaltungsbehörden haben den zuständigen Hebestellen (das sind die Steuerämter, die mit einer Zollbehörde verbundenen Steuerhebestellen, die Steuerstellen und die auf bayerischem Gebiete gelegenen Nebenzollämter)
a) aus der Liste der zugelassenen Kraftfahrzeuge in vierteljährigen Zeitabschnitten bis zum 5. des auf den Schluß des Kalendervierteljahrs folgenden Monats einen Auszug zu übersenden,
b) Änderungen, die in der Person oder dem Wohnorte des [203] Eigenbesitzers eines Personenkraftfahrzeugs, in der Betriebsart oder in der Anzahl der Pferdekräfte, ferner durch Umwandlung eines Lastkraftfahrzeugs in ein Personenkraftfahrzeug und umgekehrt eintreten, sowie Änderungen in der polizeilichen Kennzeichnung eines Personenkraftfahrzeugs schriftlich mitzuteilen.
3. Hinsichtlich derjenigen Einträge, welche in die Liste der zugelassenen Kraftfahrzeuge mit Rücksicht auf die Zwecke der Automobilstatistik zu machen sind, wird auf die bezüglichen besonderen Bestimmungen verwiesen,
4. Der in den Fällen des Abs. 4 angegangenen höheren Verwaltungsbehörde wird es obliegen, die bisher zuständige höhere Verwaltungsbehörde unter Übersendung der eingezogenen Zulassungsbescheinigung zu verständigen, damit diese in die Lage kommt, ihre Liste zu berichtigen.
Ebenso wird in den Fällen des Abs. 6 zu verfahren sein, wenn der neue Eigentümer im Bezirk einer anderen höheren Verwaltungsbehörde als der bisherige Eigentümer seinen Wohnsitz hat.

Zu § 8.[Bearbeiten]

1. Nach dem der Verordnung beigegebenen Plane für die Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge besteht das bayerische Kennzeichen aus der römischen Ziffer II in Verbindung mit einem Unterscheidungsbuchstaben. Die Unterscheidungsbuchstaben sind:
A für den Stadtbezirk München,
B für den übrigen Regierungsbezirk Oberbayern,
C für den Regierungsbezirk Niederbayern,
D für den Regierungsbezirk der Pfalz,
E für den Regierungsbezirk der Oberpfalz und von Regensburg,
H für den Regierungsbezirk Oberfranken,
N für den Stadtbezirk Nürnberg,
S für den übrigen Regierungsbezirk Mittelfranken,
U für den Regierungsbezirk Unterfranken und Aschaffenburg,
Z für den Regierungsbezirk Schwaben und Neuburg,
ferner
M für die Kraftfahrzeuge der Militärverwaltung,
P für die Kraftfahrzeuge der Postverwaltung. [204]
2. Bei der K. Polizeidirektion München wird ein Verzeichnis der den bayerischen Distriktsverwaltungsbehörden zugewiesenen Erkennungsnummern geführt. Bei etwaigem Bedarfe haben sich daher die Distriktsverwaltungsbehörden mit der Polizeidirektion ins Benehmen zu setzen.
3. Im Hinblick auf die Sonderkennzeichen der Kraftzweiräder ist es angängig, die gleichen Nummern einerseits für Kraftzweiräder und anderseits für die übrigen Arten von Kraftfahrzeugen auszugeben.

Zu § 9.[Bearbeiten]

Nicht allein das hintere, sondern auch das vordere Kennzeichen muß abgestempelt werden. Für die Abstempelung sind zweckmäßig Schablonen zu verwenden.

Zu § 10.[Bearbeiten]

Je weiter das hintere Kennzeichen vom Erdboden entfernt ist, um so besser wird seine jederzeitige Erkennbarkeit gewahrt sein. Die Polizeibehörden werden daher darauf zu halten haben, daß da, wo es die Bauart des Fahrzeugs gestattet, das hintere Kennzeichen möglichst hoch angebracht wird.
Ebenso wird darauf zu achten sein, daß das vordere Kennzeichen nicht durch die Antriebskurbel des Motors, das hintere Kennzeichen durch Gepäckstücke oder durch Vorrichtungen zur Aufnahme von Gepäck u. dgl. in der Erkennbarkeit beeinträchtigt werden. Dem ersteren vielfach beobachteten Übelstande wird dadurch mit Leichtigkeit zu begegnen sein, daß die Kurbel während der Fahrt durch eine einfache Vorrichtung, z. B. Lederschleife, wagerecht befestigt wird.

Zu § 11.[Bearbeiten]

Die Polizeibehörden haben mit aller Strenge darauf zu achten, daß unzureichende oder vorschriftswidrige Beleuchtungsvorrichtungen nicht zugelassen werden. Als unzureichend müssen insbesondere angesehen werden Beleuchtungsvorrichtungen, deren Lichtquelle nicht ausreicht, das Kennzeichen in seiner ganzen Fläche gleichmäßig hell zu beleuchten, als vorschriftswidrig solche, die das Kennzeichen irgendwie verdecken. Die Beseitigung derartiger Vorrichtungen [205] ist mit allen den Polizeibehörden zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen.
Die Polizeibehörden haben ferner darauf zu dringen, daß die Laternen der im Betriebe befindlichen Fahrzeuge stets ausreichend hell brennen.

Zu § 13.[Bearbeiten]

Die Vorschrift im § 13 schließt nicht aus, daß an Kraftfahrzeugen mit besonderem Verwendungszwecke (Droschken, Omnibussen, Postwagen, Geschäftswagen u. dgl.) außer dem polizeilichen Kennzeichen der Verwendungszweck dieser Fahrzeuge durch eine entsprechende Bezeichnung (Wagennummer, Firma usw.) ersichtlich gemacht wird. Unerläßliche Voraussetzung ist jedoch, daß Verwechselungen mit dem polizeilichen Kennzeichen ausgeschlossen bleiben.

Zu § 14.[Bearbeiten]

1. Was das Sehvermögen betrifft, so sind nach einem Gutachten des K. Obermedizinalausschusses zur Führung von Kraftfahrzeugen ungeeignet: Personen, die an einer Herabsetzung der zentralen Sehschärfe – wenn auch nur auf einem Auge – unter ⅔ des Normalen (ohne Korrektur) oder an sog. Nachtblindheit oder an Farbenblindheit, insbesondere an Rotgrünblindheit, leiden; ferner Personen, die nicht ein in jeder Hinsicht normales Gesichtsfeld besitzen, nicht körperlich-stereoskopisch sehen, schielen oder an einer Augenmuskellähmung leiden; endlich Personen, die mit akuten oder chronischen Tränensackleiden oder prognostisch gleichartigen Erkrankungen und Reizzuständen der Bindehaut und Lider oder mit Anzeichen ernsterer innerer Erkrankungen des Auges selbst und mit Neigung zu Rückfällen oder zur Verschlechterung der Sehfunktion behaftet sind.
Der K. Obermedizinalausschuß hat es jedoch als angängig erklärt, daß Personen, die die Führung von Kraftfahrzeugen nicht berufsmäßig betreiben wollen (z. B. Ärzte, Tierärzte, Techniker, Kaufleute usw.), probeweise zugelassen werden, wenn ihre zentrale Sehschärfe durch eine Brille auf die Norm korrigiert wird und andere der vorbezeichneten Mängel nicht bestehen, vorausgesetzt, daß sie sich verpflichten,
a) bei der Fahrt stets eine gleich starke Reservebrille mitzuführen, [206]
b) bei Nebel und regnerischem Wetter jedesmal anzuhalten, wenn das den Refraktionsfehler korrigierende Glas angelaufen oder beschlagen ist, und nicht vor sorgfältiger Reinigung der Korrektionsbrille weiterzufahren.
Die Distriktsverwaltungsbehörden werden ermächtigt, hienach bis auf weiteres bei Personen, von denen die gewissenhafte Erfüllung dieser Voraussetzungen zu erwarten ist, zu verfahren. Die Beteiligten sind dabei in jedem Falle darauf hinzuweisen, daß die Außerachtlassung der gebotenen Vorsicht bei der Führung von Kraftfahrzeugen Strafeinschreitung und unter Umständen die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge hat.
Personen, welche die Führung von Kraftfahrzeugen berufsmäßig betreiben wollen (Chauffeure, Automobilhändler usw.), sind von der vorbezeichneten Vergünstigung ausgeschlossen.
Etwaige Vorschriften der Militärverwaltung werden durch die Bestimmungen dieser Ziffer nicht berührt.
2. Im Falle der Bewilligung einer Ausnahme gemäß Abs. 2 hat die höhere Verwaltungsbehörde einen entsprechenden Vermerk in den Führerschein einzutragen.

Zu § 15.[Bearbeiten]

Nach § 63 des Reichsstempelgesetzes vom 15. Juli 1909 hat der Führer des Kraftfahrzeugs auch die Erlaubniskarte unterwegs stets bei sich zu führen. Er ist verpflichtet, sie auf Verlangen den sich durch ihre Dienstkleidung oder sonst ausweisenden Grenz- und Steueraufsichtsbeamten sowie den Aufsichtsbeamten der Polizeiverwaltung zum Nachweise der Erfüllung der Stempelpflicht vorzuzeigen und nötigenfalls die erforderliche Auskunft zu geben. Ein in der Fahrt begriffenes Fahrzeug darf indessen lediglich aus diesem Anlaß außer im Grenzbezirke nicht angehalten werden.

Zu § 17.[Bearbeiten]

Eine starke Belästigung des Publikums, insbesondere auch während der Nacht, wird, wie lebhafte Klagen erkennen lassen, dadurch verursacht, daß Führer von Kraftfahrzeugen auch beim Halten des Fahrzeugs den Motor weiter laufen lassen. Namentlich tritt dieser Übelstand an den Halteplätzen von Automobildroschken [207] und -Omnibussen in die Erscheinung. Der § 17 Abs. 2 („vermeidbare Entwickelung von Geräusch“) bietet die Handhabe, diesem Mißbrauch wirksam entgegenzutreten.

Zu § 18.[Bearbeiten]

1. Die Polizeiorgane sind anzuweisen, die Einhaltung der vorgeschriebenen Fahrgeschwindigkeit, namentlich innerhalb geschlossener Ortsteile und auf unübersichtlichen Wegen, strenge zu überwachen.
2. Die Bestimmung in Abs. 2 soll den höheren Verwaltungsbehörden die Möglichkeit gewähren, in solchen Orten, namentlich in größeren Städten, wo das Publikum an die schnellere Abwickelung des Fuhrwerksverkehrs auf den Straßen gewöhnt und mit dessen Gefahren vertraut ist, auch für Kraftfahrzeuge eine dem allgemeinen Verkehr angepaßte erhöhte Fahrgeschwindigkeit zuzulassen.
Bezüglich der im Eigentume der Postverwaltung stehenden Fahrzeuge von mehr als 5,5 Tonnen Gesamtgewicht übt die örtlich zuständige K. Oberpostdirektion die Befugnis der höheren Verwaltungsbehörde zur Zulassung höherer Fahrgeschwindigkeiten aus, vorbehaltlich des Erinnerungsrechts der zuständigen Distriktsverwaltungsbehörde.

Zu § 22.[Bearbeiten]

Zu der in Satz 2 vorgesehenen Genehmigung sind auch die Ortspolizeibehörden innerhalb ihrer Zuständigkeit ermächtigt.

Zu § 23.[Bearbeiten]

1. Es ist davon auszugehen, daß der Verkehr mit Kraftfahrzeugen im allgemeinen auf allen denjenigen Wegen zuzulassen ist, welche für den übrigen Fuhrwerksverkehr freigegeben sind. Hauptverkehrslinien (Chausseen, Haupt- und Nebenlandstraßen) werden nur in Ausnahmefällen und nur dann zu sperren sein, wenn der Verkehr auf hinreichend benutzungsfähigen, nicht zu großen Umwegen umgeleitet werden kann. Auch soll nicht die Durchfahrt durch ganze Orte unmöglich gemacht werden.
2. Voraussetzung eines Verbots oder einer Beschränkung ist, daß entweder
a) der Zustand der Wege oder die Eigenart des Verkehrs oder
b) sonstige besondere Verhältnisse das Verbot oder die Beschränkung erfordern. [208]
Eine Wegesperrung wird daher in der Regel nur dann anzuordnen sein, wenn hiefür in der gefährlichen Beschaffenheit des zu sperrenden Weges oder seiner Umgebung zwingende Gründe vorliegen, insbesondere, wenn es sich um schmale oder unübersichtliche Wege oder um Wege mit steilen Böschungen oder ungünstigen Steigungsverhältnissen handelt. Die Möglichkeit des Scheuens der Zugtiere allein ist kein ausreichender Sperrungsgrund.
Die Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Weg besonders geprüft werden: die Sperrung sämtlicher Wege eines Orts- oder Gemeindebezirks oder aller Wege einer bestimmten Klasse ist unzulässig.
3. Die Sperrung hat sich auf das Notwendige zu beschränken, Krafträder werden häufig dort zugelassen werden können, wo Kraftwagen auszuschließen sind.
Bei der Erlassung der polizeilichen Vorschriften oder Anordnungen ist darauf Rücksicht zu nehmen, daß jenen Besitzern von Kraftfahrzeugen, von denen eine ruhige und rücksichtsvolle Fahrweise erwartet werden darf, Ausnahmen widerruflich und unter besonderen Bedingungen gestattet werden können. Für solche Ausnahmen kommen vornehmlich die Besitzer der an den gesperrten Straßenstrecken gelegenen Anwesen, sowie Personen in Betracht, die in dem Polizeibezirk oder seiner Umgebung wohnen und Kraftfahrzeuge in der Ausübung ihres Berufs oder Gewerbes benutzen (Ärzte, Sanitätskolonnen usw.).
4. Eine Beschränkung des Verkehrs mit Kraftfahrzeugen in der Weise, daß eine Höchstgeschwindigkeit von weniger als 15 km in der Stunde festgesetzt wird, ist in Zukunft nur mehr für Kraftfahrzeuge, deren Gesamtgewicht 5,5 Tonnen übersteigt, zulässig.
Wo jedoch für den allgemeinen Fuhrwerlsverkehr beschränkende Vorschriften gelten (z. B. Schrittfahren auf Brücken, bei Toren usw.), finden solche gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung auch auf sämtliche Kraftfahrzeuge Anwendung.
5. Die Verbote und Beschränkungen erfolgen entweder durch allgemeine polizeiliche Vorschriften oder durch besondere für den einzelnen Fall getroffene Anordnungen.
Allgemeine polizeiliche Vorschriften ergehen in der Form ober-, [209] distrikts- oder ortspolizeilicher Vorschriften; besondere Anordnungen können von dem Staatsministerium des Innern, den Regierungen, Kammern des Innern, den Distrikts- und Ortspolizeibehörden innerhalb ihres Wirkungskreises erlassen werden.
Verbote und Beschränkungen für Wegestrecken, die dem Durchgangsverkehre dienen, können nur vom K. Staatsministerium des Innern oder von den K. Regierungen, Kammern des Innern, erlassen werden. Allgemeine Normen dafür, was unter „Wegestrecken, die dem Durchgangsverkehre dienen“, zu verstehen sei, lassen sich kaum aufstellen. Es wird vielmehr hiezu einer Entscheidung von Fall zu Fall bedürfen. Die K. Regierungen, Kammern des Innern, werden alsbald unter sich, mit den höheren Verwaltungsbehörden der angrenzenden Bundesstaaten, sowie mit den Militärbehörden und den Vertretungen der Automobilinteressenten, insbesondere dem Bayerischen Automobilklub, ins Benehmen treten, um Unterlagen dafür zu gewinnen, welche Wegestrecken als dem Durchgangsverkehr dienend gelten müssen.
Ferner sind nur die Distriktspolizeibehörden und die ihnen vorgesetzten Stellen zuständig zur Erlassung polizeilicher Vorschriften oder Anordnungen, durch die
a) für Kraftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 5,5 Tonnen wegen des Zustandes der Wege oder der Eigenart des Verkehrs eine Höchstgeschwindigkeit von weniger als 15 km in der Stunde festgesetzt oder
b) mit Rücksicht auf andere besondere Verhältnisse (s. o. Ziff. 2b) der Verkehr mit Kraftfahrzeugen für bestimmte Örtlichkeiten verboten oder beschränkt wird.
6. Es empfiehlt sich, vor der Erlassung von Verkehrsbeschränkungen den amtlich anerkannten Sachverständigen (s. o. Abschn. I Ziff. 2) gutachtlich zu hören, sowie dem Bayerischen Automobilklub Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
7. Jede gesperrte Wegestrecke etc. ist am Anfang und am Ende durch Tafeln zu kennzeichnen.
Zu diesem Zwecke sind von der Firma „Frankfurter Emaillierwerke, Otto Leroi in Neu-Isenburg bei Frankfurt a. M.“ drei Tafeln, lautend[210]
a) Verbot für Kraftwagen und Motorräder,
b)Verbot für Kraftwagen – offen für Motorräder,
c) Kraftfahrzeuge – 15 km
hergestellt worden, die für Bayern von dem Emaillierwerk Hans Fink in München, Waltherstraße 25, angefertigt werden. Die Tafeln sind 50 x 50 cm groß, die ersten beiden Arten in gelber, die dritte in blauer Farbe gehalten.
Um die im Interesse des Verkehrs gebotene Gleichmäßigkeit in der Kennzeichnung der Wegestrecken, die für Kraftfahrzeuge gesperrt sind, und von solchen, die nur mit ermäßigter Geschwindigkeit befahren werden dürfen, herbeizuführen, sollen zufolge einer Vereinbarung der Bundesregierungen diese Tafeln einheitlich verwendet werden.
8. Um eine rechtzeitige Veröffentlichung der Sperrungen und Beschränkungen in den Fachzeitschriften sicherzustellen, sind sie, soweit sie nicht bloß vorübergehend gelten, jeweils ungesäumt durch Vermittlung des Bayerischen Automobilklubs (München, Briennerstraße 5) dem Kaiserlichen Automobilklub in Berlin mitzuteilen.
Eine Zusammenstellung aller verbotenen Straßen im ganzen Reiche gelangt alljährlich auch in dem Jahrbuche des Kaiserlichen Automobilklubs und der mit ihm im Kartellverbande stehenden Deutschen Automobilklubs zum Abdruck,
9. Da die polizeilichen Vorschriften über Sperrungen und Beschränkungen auf eine neue rechtliche Grundlage (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 des Reichsgesetzes vom 3. Mai 1909, § 23 der Verordnung) gestellt sind, erscheint es geboten, die bestehenden Vorschriften einer Prüfung zu unterstellen, ob sie mit § 23 der Verordnung zu vereinbaren und auch für die Zukunft aufrechtzuerhalten sind. Gemäß Art. 13 des Polizeistrafgesetzbuchs werden daher sämtliche bisher erlassenen ober-, distrikts- und ortspolizeilichen Vorschriften, wonach die Benützung von Wegen, Plätzen und Brücken für Kraftfahrzeuge verboten oder beschränkt ist, vom 1. Mai 1910 an außer Kraft gesetzt. Soweit die Vorschriften aufrechterhalten werden sollen, müssen sie sonach von neuem erlassen werden. [211]

Zu § 24.[Bearbeiten]

Wie aus dem Wortlaute der Vorschrift hervorgeht, ist zu unterscheiden zwischen Wettfahrten und Zuverlässigkeitsfahrten. Während jene das Ziel verfolgen, mit den an der Veranstaltung teilnehmenden Fahrzeugen die größtmögliche Geschwindigkeit zu erzielen, dienen diese hauptsächlich dazu, die Dauerhaftigkeit der Wagen und die Betriebssicherheit der Maschinen zu erproben.
Die größere Gefahr für den öffentlichen Verkehr ist hienach mit den Wettfahrten verbunden. Sie sind daher im allgemeinen verboten; nur innerhalb des in Abs. 2 bestimmten, eng begrenzten Rahmens ist ihre Veranstaltung mit besonderer Genehmigung des K. Staatsministeriums des Innern zulässig.
Für die Zuverlässigkeitsfahrten, bei denen hauptsächlich die Anhäufung von Fahrzeugen zu Unzuträglichkeiten für den öffentlichen Verkehr führt, ist die Genehmigung der zuständigen Behörde vorgeschrieben; als solche kommt in der Regel – soferne sich nicht die Veranstaltung auf einen Verwaltungsbezirk beschränkt – die K. Regierung, Kammer des Innern, in Betracht. Auch hier wird zu prüfen sein, ob die Veranstaltung aus polizeilichen Gründen zu verbieten oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen sei. Die Genehmigung wird nur dann zu erteilen sein, wenn bestimmt angenommen werden kann, daß nach dem Umfange und der Art der Veranstaltung von ihr eine größere Störung des öffentlichen Verkehrs usw. nicht zu erwarten ist. Es empfiehlt sich, über etwaige Genehmigungsgesuche den Bayerischen Automobilklub gutachtlich einzuvernehmen.

Zu § 25.[Bearbeiten]

Zur Erteilung der in Abs. 4 vorgesehenen polizeilichen Erlaubnis sind die Distriktsverwaltungsbehörden zuständig. Für die Fahrzeuge der Militärverwaltung wird die Erlaubnis von der Inspektion des Ingenieurkorps und der Festungen erteilt.

Zu § 26.[Bearbeiten]

Die Vorschrift des § 26 gibt den Behörden eine Handhabe, um die durch den Gebrauch abgenutzten und deshalb nicht mehr verkehrssicheren oder durch Entwicklung von Geräusch, Rauch und [212] üblem Gerüche besonders lästigen Fahrzeuge aus dem öffentlichen Verkehr auszumerzen.
Von dieser Befugnis werden die Behörden entsprechenden Gebrauch zu machen haben, namentlich gegenüber solchen Kraftfahrzeugen, die bereits vor dem 1. April 1910 zum Verkehre zugelassen und daher einer Prüfung nach Maßgabe der Verordnung nicht unterworfen worden sind.
Im übrigen wird die Anordnung einer periodischen Prüfung aller Kraftfahrzeuge im Hinblick auf die verschiedenartige Benutzung der Fahrzeuge nicht durchführbar sein; dagegen ist eine solche regelmäßige Nachuntersuchung für die im öffentlichen Fuhrverkehre verwendeten Fahrzeuge (Droschken, Omnibusse u. dgl) geboten, da eine einmalige Prüfung vor der Ingebrauchnahme nicht genügende Gewähr für diejenige Verkehrssicherheit bietet, die von diesen Fahrzeugen auf die Dauer verlangt werden muß.
Mit Hilfe der Bestimmung im § 26 ist ferner durchzusetzen, daß die Eigentümer und Führer von Kraftfahrzeugen ihrer Verpflichtung, die polizeilichen Kennzeichen und die Beleuchtungsvorrichtung des hinteren Kennzeichens stets in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, gerecht werden. Hiebei wird auch auf die Strafbestimmung im § 25 des Gesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909 verwiesen.

Zu § 27.[Bearbeiten]

Die Prüfungsordnung (Anlage B der Verordnung) enthält die wichtige Bestimmung, daß jeder, der zum Führen von Kraftfahrzeugen zugelassen werden will, seine körperliche Tauglichkeit nachzuweisen hat. Es wird zu erwägen sein, inwieweit die im gewerbsmäßigen Fuhrverkehre beschäftigten Führer von Kraftfahrzeugen einer periodischen Nachuntersuchung über ihre körperliche Tauglichkeit zu unterwerfen sind. Im übrigen werden die Polizeibehörden eine erneute ärztliche Prüfung in solchen Fällen anzuordnen haben, in denen zu einer solchen Maßnahme begründeter Anlaß vorliegt.

Zu § 31.[Bearbeiten]

Wenn die Distriktsverwaltungsbehörde einer Firma ein oder mehrere Kennzeichen zur wiederkehrenden Verwendung bei Probefahrten [213] erteilt, so hat sie den Antragsteller zur Führung einer Liste zu verpflichten, in die jeder einzelne Fall der Benützung einzutragen ist, und ihn zugleich über die Bedingungen für die Zuteilung der Kennzeichen durch Aushändigung einer Ausfertigung der Anlage 2 zu belehren. Eine Abschrift der Bescheinigung nach Muster 7 ist von der Distriktsverwaltungsbehörde an die zuständige Steuerbehörde zu übersenden.

III. Schlußbestimmungen.[Bearbeiten]

1. Vorbehaltlich des § 36 der Verordnung treten die oberpolizeilichen Vorschriften vom 17. September 1906 über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen am 1. April 1910 mit Ausnahme der im vorstehenden Abschnitt II Ziff. 2 zu § 2 und Ziff. 1 zu § 4 angeführten Bestimmungen außer Kraft. Gleichzeitig werden die Ministerialbekanntmachungen vom 17. September 1906, vom 25. Juli 1907 und vom 24. Februar 1909, Ges. u. VO. Bl. 1906 S.748, 1907 S. 545, 1909 S. 224, aufgehoben.
2. Durch die am 1. April 1910 in Kraft tretenden Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen#§. 21.Strafvorschriften des Reichsgesetzes über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen vom 3. Mai 1909, §§ 21 mit 25, wird ein wirksameres Einschreiten gegen rücksichtslose Kraftfahrer ermöglicht.
Bei allen Zuwiderhandlungen gegen die angeführten Strafvorschriften ist die möglichst rasche Feststellung des Tatbestandes veranlaßt. Zu diesem Zwecke ist insbesondere auch dem Beschuldigten, wenn er mit Hilfe des Kennzeichens ermittelt worden ist, sofort Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Durch sorgfältige polizeiliche Erhebung des Sachverhaltes ist die entsprechende Bestrafung rücksichtsloser Fahrer zu ermöglichen.
3. Die Vorschriften der Verordnung werden den Zweck, die Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Wegen und Plätzen in wirksamer Weise zu fördern, nur dann erfüllen können, wenn ihre Durchführung in allen Einzelheiten von den beteiligten Stellen, insbesondere von den Polizeiorganen mit vollster Entschiedenheit bewirkt wird. Im übrigen wird aber auch der Tatsache Rechnung zu tragen sein, daß sich das Kraftfahrzeug heute als vollberechtigtes Verkehrsmittel eingebürgert hat. Seine Eigenart führt zu neuen [214] Erscheinungen im Straßenverkehre, die zu Gefahren für die Verkehrssicherheit nicht nur dann führen, wenn die für den Verkehr der Kraftfahrzeuge bestehenden Vorschriften nicht beachtet werden, sondern auch dann, wenn die für den sonstigen Fuhrwerksverkehr und den Radfahrverkehr bestehenden Vorschriften unbefolgt bleiben. Aus dieser Erwägung heraus werden die zuständigen Polizeiorgane es sich angelegen sein lassen müssen, den für diesen Verkehr bestehenden Vorschriften in verstärktem Maße Geltung zu verschaffen (vgl. Ministerialbekanntmachung vom 24. September 1907, M.A.Bl. S. 464).[1])
München, den 17. März 1910.
von Brettreich.

  1. An Stelle der dort angeführten oberpolizeilichen Vorschrift vom 9. Januar 1878 ist die oberpolizeiliche Vorschrift vom 22. Februar 1910 (Ges. u. VO. Bl. S. 101) getreten.