Erklärung eines Fränkischen Patrioten, der unparteyisch seyn will, über die angegebenen Afterärzte zu Opferbaum und Rieden im Amte Arnstein

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Autor: Anonym
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Titel: Erklärung eines Fränkischen Patrioten, der unparteyisch seyn will, über die angegebenen Afterärzte zu Opferbaum und Rieden im Amte Arnstein
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 6, S. 303-313
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Originalherkunft:
Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
s. a. Beantwortung der Vertheidigung der Afterärzte zu Opferbaum und Rieden Amts Arnstein
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V.
Erklärung eines Fränkischen Patrioten, der unparteyisch seyn will, über die angegebenen Afterärzte zu Opferbaum und Rieden im Amte Arnstein.[1]
Im Journal von und für Franken wird in des 2ten Bandes 2tem Hefte S. 218 und 219 zweyer Männer, als sehr berüchtigter| Quacksalber gedacht, welche den Leuten durch ihren Betrug bereits vieles Geld abgenommen hatten. Es ist ein allgemein bekannter Grundsatz: man muß den andern Theil auch hören, der Ihnen M. H. besonders heilig seyn muß. Erlauben Sie mir also auch die Nothdurft dieser beyden daselbst angetasteten Männer vor dem Fränkischen Publicum zu wahren, so weit es mit Fug und Recht geschehen kann.
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 Ich bin weit davon entfernt der Quacksalberey, oder der medicinischen Praxis unberufner und ungeprüfter Leute in der Kunst das Wort zu reden; ich will nur sagen, daß ich glaube beyden ohnedem genug beängstigten Männern sey am angeführten Orte zu viel geschehen; wenigstens ists zu hart, daß| sie Betrügern gleich geachtet werden, was mich besonders zum Schreiben veranlasset. Es heißt daselbst: „auf Fürstlichen Befehl ist neulich eine sehr lobenswürdige That vollführt worden, die Sie nicht mit Stillschweigen übergehen dürfen. Zwey sehr berüchtigte Quacksalber, die ihr Wesen schon lange ungestraft trieben, und nach einer allgemeinen Sage die Leute täglich, jeder um mehr als eine Carolin prellte, sind durch eine Fürstliche Commission visitirt und ihnen die Medicamente weggenommen worden. Ihre Wohnorte waren Opferbaum und Rieden, Amts Arnstein.“
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 Und sind es noch, darf man gleich hinzusetzen; denn es sind nicht hergelaufene Betrüger – wie obige Nachricht vielleicht der Welt weiß machen soll. Es sind keine Leute, die nur so geschwind von einem Orte zum andern ziehen können. Man darf nicht allein ihre Wohnorte, sondern auch ihre Namen wissen: diese sind Georg Müller zu Rieden, und dessen Sohn Johann Müller zu Opferbaum: Rieden ist ihr Geburts-Ort. Georg Müller, welcher bey seiner Arbeit grau geworden, und vor kurzer Zeit gestorben ist, hatte einen Vater, der Chirurgus| war. Von ihm halte er nach Landesart und Herkommen seine Profession erlernt und sehr schöne Kenntnisse erworben.

 Nach damahliger Landesordnung liese sich Letzterer in die Baderszunft zu Arnstein aufnehmen und einschreiben: er muß also doch gewiß zu seiner Zeit, als ein praktischer Wundarzt erkannt worden seyn, weil man ihn aufnahm, und was noch mehr ist, weil er 25 Jahr lang, als Cent-Chirurgus bey der Cent Rieden oder Eichelberg aufgestellet war.

 Johann Müller zu Opferbaum lernte ebenfalls die Profession seines Vaters – ging nach vollendeten Lehrjahren bey reifem Verstande 3 Jahre lang in die Fremde – hörte zu Wien bey seiner Condition chirurgische Collegia, und übte sich im Gundeldorfer Militär-Spital, daselbst seine erlangten Kenntnisse in der That zu erweisen. Nach diesen Vorbereitungen zu seiner Kunst ließ er sich ebenfalls nach überstandenem Examen, bey Herrn D. und Physikus Wallpert zu Karlstadt, der Zunft zu Arnstein einverleiben, verheyrathete sich sodann nach Opferbaum, und trieb ganz natürlich seine erlernte Profession.

|  Daß diese Männer seither, wie schon seit längerer Zeit, den Leuten mit innerlichen Mitteln zu Hülfe kamen, war in ihrer Gegend nothwendig, indem weder Doctor noch Apotheke in einem Umkreise von 4-5 Stunden vorhanden war und jetzt noch nicht ist – und vielleicht noch lange nicht seyn wird, und; weil sie schon von Ältern und Vorältern den Ruhm und das Zutrauen ihres ganzen Bezirkes hatten. Warum sollten sie es aber auch nicht thun, da es andere Bader, und vielleicht viel unwissendere thaten, und bis jetzt noch ungeahndet thun? –
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 Hieher schicket sich die Beschreibung schön, wie das Amt Arnstein von dieser Seite jetzt versehen ist. Nachdem diesen zwey fleißigen und verdienstvollen Männern von Opferbaum und Rieden, als den geschicktesten Badern des ganzen Amts, ihre Hülfe für die Menschheit untersaget, und ihre Medicamente, (welche noch zu Wirzburg in der Regierung stehen sollen) hinweggenommen worden waren, wurde Herr D. Thoman, wie bekannt, von Sr. Hochf. Gnaden als Physikus für die beyden Oberämter Arnstein und Wernek, mit einer gewissen Bestallung gesetzet, welche Bestallung zum Theil von den Amts-Unterthanen beygetragen werden sollte. – Eine| Veranstaltung, die nicht nach dem Wunsche des Herrn Amts-Kellers Haas zu Arnstein ausfiel. (Vergleiche Schulmagazin von Feder zu Wirzburg 2 Bds. 3tes Heft, in der Rede des Herrn Amts-Kellers Haas bey Vorstellung Herrn D. Thomans.) Von diesem Manne hatte nun das Amt die Hoffnung besser als zuvor medecinisch versorgt zu werden: allein – jung – ledig – zwey so weit schichtige Ämter – wie kann man so viel von einem, auch dem fleißigsten Manne verlangen? Es wurde – man kann es mit gutem Gewissen sagen, es wurde viel schlechter. Die Bauersleute, welchen vor jeder Neuerung ekelt, wurden krank – und die mehresten starben gar ohne alle medicinische Hülfe – und wenn auch einige Reiche Herrn D. Thoman hohlen ließen, so war es gemeiniglich zu spät, und dieses geschahe noch obendrein mit dem größten Mißtrauen. Man kann zuverläßig annehmen, daß im Amte Arnstein diese Zeit über 2 Theile Menschen mehr gestorben sind, als zuvor – weil sie zu den neuen Mitteln und ihren Vertheilern kein Zutrauen hatten und sie nicht zur rechten Zeit benutzten; zu den alten ihnen aber der Weg verschlossen war. Man verhöre hierüber das Publicum.
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|  Noch nicht genug, Herr D. Thoman verließ, wie auch in diesem Journale schon angezeigt ist, sogar vor bereits einem halben Jahre sein Physikat wieder, und dazu kam noch, daß ein Bader zu Arnstein, Namens Behr, welcher auch manche Verfolgung überwinden mußte, auf den noch viel Vertrauen gesetzt wurde, kurz darauf starb; somit ist das Amt so entblößet von dieser Seite geworden, daß ich, selbst von Burgersleuten im Städtchen Arnstein gehört habe: „jetzt haben wir keinen Menschen mehr hier, der nur einen Zahn ausbrechen kann“. Alles harret nun diese ganze Zeit schon auf Doctor, Apotheke, Chirurgen und Bader.
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 Die allgemeine Sage, daß jeder der beyden Müller die Leute um mehr als eine Carolin prellte, habe ich noch nicht oft gehört: vielleicht hat diese der Neid ausgebrütet, womit auf ihr gutes Auskommen gedeutet wird: man muß aber wissen, daß sie gute Wirthschafter sind, und ihr Vermögen nicht allein von ihrem Metier erworben haben, sondern der alte schon von seinem Vater ein schönes Vermögen ererbet, und seine Frau von einer der reichsten Familien im Dorfe war, – auch daß Johann Müller zu Opferbaum wieder über 5000 fl. Frk. erheyrathet hat. Daß sie aber bey grossem| Zulaufe oft eine Carolin einnahmen, ist nicht zu widersprechen, – was sie aber daran setzten – wie lange sie schon daran geborgt hatten? – ist eine andere Frage. Denn der Wehrt der weggenommenen Medicamenten soll über 2000 fl. Frk. betragen.

 Heißt aber das vielleicht nicht eher prellen, wenn ein D. wie Herr Th. that, von dem Herrn Amts-Keller Haas in seiner an die Amts-Schultheisen und Gemeindsdepurirte gehaltenen Rede öffentlich verheisen hat, „daß er mit möglichst geringen Kosten den leidenden beyspringen werde“ zu einer gering begüterten Frau in Geburtsnöthen gerufen wird, und dem Boten schon ankündiget, daß er sie nicht anfassen würde, ehe 10 Rthl. auf dem Tische lägen? Siehet man hieraus nicht, daß ihm mehr um die 10 Rthl. als um die Gesundheit der armen Frau zu thun war? Man muß ihm aber zur Ehre nachsagen, er ließ nach bis auf eine Carolin. Wie die Cur ausgefallen ist, will ich nicht hinzusetzen; denn man weiß allgemein, daß er zu spät gehohlet wurde. Warum aber? Eben der 10 Rthl. wegen!

 „Man kann rechnen, daß 8-10 Meilen weit Leute mit Uringläsern zu diesen Gesundheitsstürmern wallten“.

|  So fährt der Verfasser der erst angeführten Nachricht im Journal fort. Man soll sie heißen wie man will, Niemand kann doch sagen, daß das Urinbesehen zur medicinischen Praktik ganz entbehrlich sey. Daß die Leute von entfernten Gegenden zu ihnen gekommen sind, gereicht ihnen nicht zur Schande, sondern man ersieht daraus das Zutrauen, das sie hatten. Und ich glaube, ein Gläschen Wermuth-Extract mit gutem Vertrauen genossen, hilft mehr, als die beste Medicin mit einem nicht ohne Grund geschöpften Mißtrauen oder Widerwillen. Endlich heißt es:

 „Hoffentlich wird die Fürstliche Commission noch in mehrere Ämter kommen, und mit der benachbarten Ritterschaft die Übereinkunft dahin getroffen werden, daß sie solchen ausgetriebenen Blutigeln bey sich keinen Schutz verstatte u. s. f. etc.“

 Man höre die schadenfrohe Hoffnung; höre die schönen Namen, die ein Mensch seinen Nebenmenschen geben kann! – Die ritterschaftlichen Orte geben diesen Ärzten nicht ohne Grund Schutz. Herr Correspondent will also alle Ärzte, welche nicht nach jetziger Methode studirt haben, verbannet wissen? Sogar nicht einmahl in angränzenden| Örtern soll man sie Brod essen lassen! Was würde das vor ein Elend werden, wenn man allen Badern im ganzen Lande ihre Häuser visitirte, ihre Medicamente wegnähme, und ihnen alles, sogar das Wundenheilen, wie obigen Müllern zu Rieden und Opferbaum bey 50 Rthl. und 2tens bey Zuchthaus Strafe untersagen wollte? Das Armen-Institut würde lange nicht hinreichen diese Vacanz zu ernähren. Ey! so lasse man den weisen Fürsten Franz Ludwig dafür sorgen. Er hat schon sehr viele Dinge verbessert, ohne deswegen einen Menschen ins Elend zu schicken. Er wird also in diesem Fache auch den Weg so zu leiten wissen, das; gewiß die Gerechtigkeit nicht dadurch beleidigt wird. Wird Er aber auch manchesmahl durch verkehrte Vorstellungen hintergangen, so wird doch Niemand der Weg zu seinem Fürsten-Throne versperrt, und die väterliche Milde findet Vergnügen an der Hülfe seiner Kinder.
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 Noch auffallender ist es, daß man die obigen Männer mit dem sogenannten Läuse-Doctor (welcher sich gegenwärtig im Amte Arnstein aufhält) mit dem Schneider zu Zeibelrieth und mit dem Bauern Winter zu Dippach vergleichen will. (S. Journal 5 Bds. 4 Heft| S. 456.) Also sollen Männer die viel Geld, ihr Leben und Gesundheit, zu Liebe ihrer Nebenmenschen, wagten, solchen zuchthausmäßigen Betrügern gleich seyn? Sollen sie so wenig und noch weniger Recht haben, ihre nach Hochfürstl. Landesverordnung gelernte Profession (nicht Medicin) zu treiben, als wirkliche Betrüger?



  1. So wenig wir in unserm Journal Afterärzten und auch sogar gelernten geschickten Badern das Wort reden können, wenn sie sich mit innerlichen Curen befaßen wollen; so haben wir doch dieser vorgeblichen Rechtfertigung die Aufnahme nicht versagen können. Nicht darum, als ob wir nicht das Seichte und Unzulängliche eines und des andern angeführten Grundes selbst fühlten, oder uns in unsern bisherigen Behauptungen und Grundsätzen geändert hätten; sondern weil auch der andere Theil gehört werden muß. Eine Weigerung der Aufnahme würde dem sich gekränkt dünkenden Theil eine neue vorgebliche Ungerechtigkeit seyn, und dem [304] Manne, dem es um ächte Kenntniß der Dinge zu thun ist, die Gelegenheit benehmen, sorgfältig zu forschen, an welchen Handhaben der gemeine Mann in Städten sowohl als auf dem Lande, nach und nach gefaßt werden muß, wenn unsere noch so fein und richtig ausgesonnenen Theorien in der Ausübung nicht scheitern sollen; auch wo eigentlich hier und da der Grund liegt, warum der gemeine Mann zu Neuerungen, wenn es auch wirklich, wie bey den verbesserten Medicinal-Anstalten im Hochstifte Wirzburg, wesentliche Verbesserungen sind, kein rechtes Zutrauen fassen kann und will. d. H.