Ist der Graf von Metternich-Winneburg als Emigrirter zu betrachten oder nicht?

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Anonym (= Johann Nikolaus Becker)
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ist der Graf von Metternich-Winneburg als Emigrirter zu betrachten oder nicht?
Untertitel: Brief eines Moselaners an einen Bürger in Paris.
aus: Die Geißel, 3. Jahrgang (Mainz, Juni 1799), Heft 6, S. 286–303.
Herausgeber: Bürger Vollmer (d. i. Gottfried Dietrich Lebrecht Vollmer)
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1799
Verlag: Vollmer
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Mainz
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google = Commons
Kurzbeschreibung: Fortsetzung des Pamphlets Zur kritischen Geschichte des Rastadter Friedens (1798)
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[286]
III.
Ist der Graf von Metternich-Winneburg als Emigrirter zu betrachten oder nicht?

Brief eines Moselaners an einen Bürger in Paris.

Es ist eine intressante Frage, auf welche Art die Symptome der tödlichsten politischen Krankheit, die sich schon seit vielen Jahren in den Staaten des disseitigen Rheinufers zeigten, endlich gewirkt haben würden, wenn der Balsam der Freyheit nicht auf ein Mahl dem Uebel ein Ende gemacht hätte. Ob der Sturz der Despotie eben so edel, nicht mit größerm Widerstreben und mächtigern Convulsionen bewirkt worden wäre, oder ob endlich gar der herrliche Menschenschlag [287] so sehr in Knechtsgefühlen erstorben wäre, daß damit in ihm auch der lezte Seufzer nach Errettung hätte dahin schwinden müssen? Glaube nicht, mein theuerster Freund und Mitbürger, daß diese schreckliche Betrachtung ein unglücklicher Traum meiner raschen Einbildungskraft ist. Wir haben schon gleich in der ersten Periode des wieder auflebenden Freyheitssinnes in Deutschland zu deutliche Beweise davon gesehen, als daß meine noch übertrieben und Wagestück scheinen könnte. Kasselsche Kaziquen und alle ungerechte Regenten, die bey jenen in der Schule des Despotismus gelernt haben, hatten dieß sehr gut berechnet, und schon begann disseits des Rheins eine Secte, von ihnen erzogen und in asiatischen Herrscherkünsten geübt, ihr schreckliches Werk, und wir sahen mit Erstaunen, wie nach und nach der gewaltsamste Despotismus in die geistliche und weltliche Macht überfloß. Ein Blümchen das da und dort heimlich für die Freyheit blühte, ward von den tölpischen Hufen der Aristokraten zertreten, und diese Barbaren waren mächtig genug, sich dem unglücklichen Volke als Halbgötter zu zeigen, und die Opfer des Weihrauchs anzunehmen, und wohl gar noch etwas mehr zu fodern. Dabey konnten sie aber nicht hindern, daß mancher rascher [288] Jüngling im Auslande seine Früchte von dem Baume der Freyheit brach, und auf heimischen Boden verpflanzte; oder daß edle Fremdlinge, von dem Glanze der Majestät nicht verblendet, französischen Saamen in rheinische Erde streuten, dessen erstes Aufkeimen schon die Tyrannen so entsezte, daß sie alle Gegenwehr vergaßen, und vielleicht doch endlich an der Schwindsucht hätten sterben müssen.

Zu Anfang dieser fruchtbringenden Periode war es, da sich unsere Herzen an den Ufern der Leine fanden, und mitten in einem despotischen Staate sich an dem Feuer der Freyheit erwärmten. Damals war es nicht der kühnste unserer Wünsche, Deutschland wenigstens bis an den Rhein mit der neuen Republik vereinigt zu sehen; ein Wunsch, der jetzt in Erfüllung gegangen, und der Grund zu einer künftigen gänzlichen Erlösung zu werden beginnt. Wenn wir dabey bedenken, was wir einst waren, und nun geworden sind, so wird uns in der That einst nichts mehr zu wünschen übrig bleiben, als unsere Brüder jenseits des Rheines bald mit uns vereinigt, oder wenigstens die meisten ihrer Beherrscher zu menschlichen Grundsätzen zurükkehren zu sehen.

[289] Doch in welchem Labirinte irrt meine Feder umher? Ich sollte dir deine Frage beantworten und treibe auf fremden Küsten Kaperey.

Freylich diese Digression liegt nicht so sehr auf Nebenwegen, daß ich Ariadnens Faden nöthig hätte, um mich wieder auf die Hauptstraße zu finden: Ob der Graf von Metternich-Winneburg als Emigrirter anzusehen ist, oder nicht? Ich dächte, darüber könnte unter uns längst die Frage nicht mehr seyn, wenigstens bin ich, seit ich Ephöbus bin, von seiner Qualität als Emigrirter so geruhig überzeugt, daß ich kaum begreife, wie das Directorium noch Vorstellungen wegen der Restitution seiner Güter disseits des Rheins annehmen kann. Lächerlich ist es in der That, wenn der Mann sich auf dem österreichischen Minister beruft, gerade als ob die Minister-Pflichten den Regenten-Pflichten vorgiengen, oder als ob der Minister seine Stelle noch behaupten dürfte, wenn sich das Wohl der eigenen Unterthanen (Schande über dieses Wort) nicht damit vereinigen läßt.

Metternich war nie etwas anders als Emigrirter, selbst schon damals, ehe noch das französische Volk die Fahne der Freyheit aussteckte, und ehe ihre unbesiegten Heere nirgends die Gränze ihrer Tapferkeit finden konnten. Kein [290] Wort davon, ob es einem deutschen Reichsstande zustehe, seine Leidenschaften feil zu tragen, und was die Constitution darüber bestimmt. Lassen wir die Todten ruhen. Aber das ist gewiß, daß sich Niemand mehr in Deutschland über seine Duodezdespoten zu beschweren hatte, als die armen verwelkten Sclaven der kleinen Monarchen disseits des Rheins; eine Wahrheit, die ich vielleicht, wenn ich die Leser dieses Briefs je wieder sehe, an einem andern Orte des breitern berühren werde. Jetzt, mein Lieber, laß mich bey der ein Mahl quästionirten Person stille stehen, und dir ein kleines, leider sehr trauriges, Gemählde von dem Zustande der metternichschen Herrschaften disseits des Rheins entwerfen, ein Gemählde, zu dem ich jetzt kein Original hätte, wenn der Graf je etwas anders als Emigriter gewesen wäre. Du kannst es nach Gefallen auch auf andere Fürsten und Fürstlein, Grafen und Gräflein anpassen.

Ich mag über die Herzensreinigkeit meines Helden nicht richten, und nehme sie mit vielen andern als entschieden an, denn sie thut hier nichts zur Sache, und wo man sehr einleuchtende Dinge sagt, überführt man am wenigsten, sagt Montesquieu. Abgezogen, was abgezogen werden muß, so bleibt am Ende noch [291] ein solcher Ueberfluß von despotischer Willkühr übrig, daß man über die Keckheit erstaunt, mit der es ein Mensch wagt, angebohrnen Menschenrechten Trotz zu bieten.

Es wäre eine sehr unnütze Mühe um die Aufsuchung dieser Mißhandlungen, die wir disseits des Rheins erlitten haben, und der Bemühungen der Regenten die Reife der ihnen anvertrauten Völkerchen zu hindern. Wir haben sie jetzt vergessen, und das schöne völlige Licht ist da, bey dem keine Hinderniß mehr statt haben kann. Aber schwerlich war die Handlungsweise eines disseitigen Herrschers verkehrter, schwerlich hat einer die Macht und Herrschaft über rohe Gemüther so gemißbraucht, schwerlich ist je einer zu der schändlichen Ausübung jener Meynung: daß das Volk wegen des Regenten da ist, von Schranzen (sein Herz hatte immer bessere Gefühle) und Plusmachern und einem stolzen Weibe verleitet werden, als Metternich. Seit des Antrittes seiner Regierung hat er sein Ländchen nur zwey Mahl gesehen, und gewiß noch nie gefühlt, wie es armen Geschöpfen zu Muth ist, die zu ungemessenen Diensten verbunden sind. Von Jugend auf zum Diener bestimmt, hat er nie Zeit gefunden, sich um das Wohl oder Wehe seiner [292] Unterthanen zu bekümmern, und vielleicht hat er es in müssigen Stunden und einer leidigen im höchsten Grade angebohrnen Indolenz nicht ein Mahl gewollt. So erstarben zwölf tausend Menschen unter den Händen eines eigennützigen und gefühllosen Kanzelleydirectors und schurkischer Beamten in Knechtsgefühl. Darum bekümmerte sich freylich der Herr Graf nicht, denn der mußte ja in Brüssel und in Wien seinem und seines Weibes Ehrgeitz ein theuer erkauftes Opfer bringen und vermöge seines Lauer-Systems sich mit Dingen beschäftigen, die sich nicht mit der Regentschaft vertrugen. Ihm war es gleich viel, wie es in seinem Herrschaften stand, wenn nur zur bestimmten Zeit die Gelder richtig einkamen und die armen Unterthanen keine Rückstände bey der herrschaftlichen Casse hatten. So geschah es denn, daß Jahr aus Jahr ein grosse Summen aus dem Ländchen giengen, ohne daß ein Heller darin verzehrt worden wäre; ein Schicksal, das es freylich mit manchem andern deutschen Lande gemein hatte, das hier aber desto größeren Schaden anrichtete, je ärmer die Unterthanen waren. Bist du je auf deiner Moselreise an dem Dorfe Beilstein vorüber gekommen, oder hast du es wohl gar betreten? Wahrlich, wahrlich, dann [293] mußt du an Danischmend gedacht haben, wenn er sagt: Die Bewohner schleichen, als lebende Bilder des Elends, mit gesenkten Häuptern umher, und heften aus hohlen Augen gramvolle Blicke auf die Erde, welche sie – nicht für sich und ihre Kinder – bauen müssen. Ueberall begegnen unserm beleidigten Auge blutlose, ausgehungerte und sieche Körper – schwermüthige, düstere, vor Sorgen abgezehrte Gesichter, – alte Leute, welche sich mit Mühe von der Stelle schleppen, um zur Belohnung einer funfzigjährigen schweren Dienstbarkeit das wenige Brod, das ihr von Mangel eingeschrumpfter Magen noch ertragen kann, dem Mitleiden der vorübergehenden durch Betteln abzunöthigen; – verwahrloßte, nackende, krüpelhafte Kinder, wimmernde Säuglinge, welche sich anstrengen, einer hungernden Mutter noch die letzten Blutstropfen aus der ausgemergelten Brust zu ziehen. Halb vermoderte Lumpen, die von den dürren Lenden dieser Elenden herab hangen, zeigen wenigstens, daß sie den Willen haben ihre Blöße zu bedecken; aber was wird sie vor der sengenden Sonne, vor Wind und Regen und Kälte decken? Ihre armseligen aus Koth und Stroh zusammen geplakten Hütten stehen jedem Anfall der Elemente offen. Hieher kriechen sie, [294] wenn die untergehende Sonne sie von der täglichen Arbeit für gefühllose Gebieter ausgespannt hat, ermüdet zusammen, und schätzen sich noch glücklich, wenn sie so viel Vorrath von einem Brode, welches ihre Herrn für ihre Hunde zu schlecht halten würden, übrig finden, als sie vonnöthen haben, um nicht hungrig auf einem Lager von faulendem Stroh den lezten Trost des Elenden vergebens herbey zu seufzen?“ Und was ist diesem Gemälde noch zuzusetzen? Ein Ländchen, in dem der Brudermörder Schutz findet und der niedrige Meuchler, längst für Rad und Galgen reif, frey unter seinen Mitbürgern umhergeht; wo heimliche Todschläger nicht vor Gericht gezogen werden, weil der Beamte ihr Gift und ihre Dolche fürchtet; wo bekuttete und bekappte Mönche von der niedrigsten Gattung das arme gutmüthige Völkchen unter dem Schutze seines Herrschers durch grobe Taschenspielerkünste, widersinnige Vorstellungen von Belohnungen und Strafe, Unterdrückung der Vernunft durch den heilig gepriesenen Glauben an Unsinn, Unmöglichkeit und Lüge, gängelt, wo der Bauer 6 Tage Spanndienste und den siebenten Botschaftgehen hat; wo auf Kosten der öffentlichen Casse ein blödsinniger Mensch, wie Gaisser, auf [295] Akademien geschickt wird, um nachher dem Unterthanen das Fell über die Ohren zu ziehen, ein Wesen, das an Blödsinnigkeit auf 2 berühmten Universitäten seines gleichen nicht hatte, wo nie gekannte Fremdlinge und Abenteurer ihr Glück machen, während das einheimische Genie kein Hungerbrod auf dem Tische hatte; wo Pfaffen, denen man alle Ehre anthut, wenn man sie für Narren hält, Pfaffen mit verbrannten Gehirne und afrikanischer Stupidität zu Lehrern aufgestellt würden; Pfaffen, die weiter nichts verstanden, als hölzernes handwerksmäßiges Christenthum, und ellenlange Perioden auf ciceronischer Drehbank zu drechseln. Laß mich dieses Blatt mit ihren Namen nicht schänden, ich suche sie zu vergessen; in meinen Papieren finden sie sich noch. O, über die traurige Wahrheit von dem beweinenswürdigen Loos jener romantischen Gegend, daß gerade die schönsten Anlagen und Keime des menschlichen Geistes am meisten dem Verderben ausgesetzt waren; eine Betrachtung, dem traurigen Gedanken ähnlich, an dem wir damals so oft mit Unwillen nagten, daß das Verdienst unterdrückt und ärmlichsten Wichten aufgeholfen werde. Wenn schon hierin der erste Keim des Verfalls sich entwickelte, so konnte doch [296] den feigen Tyrannen kein Mittel mehr einfallen, den kühnen, stolzen und gerechten Trotz ihrer Feinde niederzuschlagen. Aber jene nahmen sich kein Beyspiel an Frankreich, daß es Zeit wäre, von der Höhe ihres Despotismus herab zu steigen und freywillig Grundsätzen zu entsagen, die nie auf Menschen anwendbar waren. Wahrlich, wenn die nachkommenden Generationen einst die Geschichte unserer Freyheit studieren, so werden sie über die Kühnheit erstaunen, mit der man sich unterstand, Menschen am Gängelbande der Willkühr zu leiten.

Nie hat die Dummheit einen vollkommenern Sieg davon getragen, nie hat das Mönch- und Priesterthum die in ihm liegenden Heuchlerkräfte thätiger bewiesen, als damals. Das ärgerliche Schauspiel der Niederdrückung besserer Gefühle dauerte biß zum 21 Oct. 1792, da wie durch einen electrischen Schlag längst des ganzen Rheins die Menschheit sich unter ihrem eisernen Panzer zu ermannen anfing. Das Unglück, so dem Muth der Tyrannen gebrochen hatte, stimmte sie jetzt zur unbedingten Ergebung, und sie flohen über die Gränze in Verzweiflung. Dinge wurden zum Gespräche des Tages, an die man vorhin nicht dachte. Doch blieb der Zepter der Tyranney ausser Mainz [297] noch an manchen Orten drückend, ob man ihm gleich da und dort seine Kräfte zu bewahren suchte.

Der äußerste Grad politischen Verfalles disseits des Rheins, und die Erschöpfung der Finanzen, die des Kurfürsten von Kölln etwa allein ausgenommen, hinderte die Fürsten, ernste Maasregeln gegen das aufstrebende Freyheitsgefühl, von dem die Flammen schon in ihre Kabinette schlugen, zu ergreifen. Sie hatten über dem Sclaven zu sehr den Menschen vergessen, und durften jetzt in der allgemeinen Noth auf keine Hülfe von ihren Unterthanen hoffen, die sich lange genug als Mittel hatten brauchen lassen, und endlich ein Mahl auch Zweck werden wollten. Die bißherigen fürstlichen Schooskinder des Glückes stürzten ohne polterndes Geräusch von ihren Höhen, ehe sie wähnen durften, daß es geschehen könnte.

Vielleicht besitzt keiner unter allen österreichischen Ministern, den einzigen Thugut ausgenommen, so viel von jenem hochbelobten ministeriellen Phlegma, als Metternich, und eben darum war es eine herrliche Wahl, diesen Laurer als ersten Gesandten zu dem Reichscongreß nach Rastadt zu schicken, um den kreisenden [298] Berg zu accouschiren, der nun seine Maus procreirt hat. Aber eben dieses Lauersystem, welches Metternich in Kaunitzens Schule erlernt hat, war seinen Herrschaften zum größten Verderben, und machte, daß diese ihn nie sahen, und nie etwas von ihm hörten, als allenfals Nachrichten von neuen Auflagen und Abgaben. Dieses machte ihn zu einem beständigen Emigranten, so daß jetzt nicht ein Mahl eine Frage darüber entstehen kann, ob er bey der Abtretung des disseitigen Rheinufers an die französische Republik eine Entschädigung jenseits erhalten soll. Er hat längst als Emigrant, der mehrere Mahl Citation erhalten hat und nicht erschienen ist, alle seine Ansprüche verwirkt, und wenn er irgend zu einer Foderung berechtigt zu seyn glaubt, weil er die Vorsicht gebraucht hat, sich von einer reichsgräflichen Mutter gebähren zu lassen, so mag er sich an Stellen wenden, wo Erbrecht noch gilt, und nicht eine Republik mit solchen Frivolitäten behelligen. Ich könnte ihm indessen auch noch zum Ueberflusse und der Geschichte seines Hauses beweisen, daß seine Anherrn durch niedrige Künste, durch Schmeicheln und Kriechen und Lügen, und durch Plünderung der Wehrlosen, ihrem Nachkommen [299] denjenigen Glanz verschafft haben, den er jetzt zur Schau ausstellt, und vermöge dessen er schon lange in seine Güter restituirt seyn wollte.

Man hat mir gesagt: Metternich legte für seine Behauptung den Umstand zu Grunde, daß er in seinen Herrschaften niemahls französische Emigranten aufgenommen, und also nur in soweit feindlich gegen die Republik gehandelt hätte, als er durch Reichsverband verpflichtet gewesen wäre. Aber ich bitte, wie und durch was will er dieß beweisen? An seine Beamte hat er nie Befehle darüber erlassen, und wenn ihm ja von diesem Vorstellungen gemacht worden sind, so hat er sie nicht beantwortet, wie dann kein Mensch je eine Anwort von ihm gesehen hat, wenn es das Wohl der Unterthanen betraf. Dergleichen Vorstellungen pflegt er in die Tasche zu stecken und zu vergessen, denn er hat wichtigere Geschäfte, als sich um das Schicksal einiger Lumpenhunde zu bekümmern. Er muß seinen Söhnen Sinecuren und den Kammerherrn-Schlüssel vom Kayser verschaffen, der keinen Abtritt bey Hofe aufschließt. Er muß darauf denken, wie er seine Unterthanen verpfänden, verkaufen, versetzen, und einige Gulden mit 100 p. C. [300] bey Wuchern negoziiren soll. Indessen liegen seine Herrschaften an dem beyden Reichsgerichten mit allen Nachbaren in Prozeß, und der Canzelley-Director zieht nach Willkühr von einer Stadt zur andern, und die Beamten mögen sehen, wie sie mit den Unterthanen fertig werden.

Es ist nicht zu läugnen, daß nie Emigranten auf seinen Gütern gewohnt haben. Davon ist aber die eigentliche Ursache dieses; Auf allen diesen Gütern giebt es nicht ein einziges Haus, in dem ein Mitglied jener verworfenen Gesellschaft hätte wohnen oder unterkommen können. Diese Herrn fanden ihre Rechnung in Koblenz besser, als in Beilstein bey trocknem Brod und sauerm Weine, denn anders hätte ihnen der Herr Graf doch wohl da aus seinen Vorrathskammern nichts reichen lassen können. Wir brauchen also nicht die Ursachen der passiven Nichtaufnahme der Emigranten fernhin in einer weisen Landesverwaltung, oder in einem prophetischen Blicke auf die jetzigen Ereignisse der Zeit zu suchen. Metternich hat ja ohnedas in Brüssel schon bewiesen, wie weit sein politischer Blick reiche, sonst hätte er sich in der Folge nicht von den Ofenheizern des Kabinets übertölpeln lassen.

[301] Glückliche Umschaffung, der Ertrag eines äonenlangen Kampfes der Vernunft gegen Aberglauben, Irrthum Betrug und Wahn, glückliche Umschaffung, die Reichsrittern und Reichsgrafen und Reichsabteien das Recht der Unmittelbarkeit nimmt, und sie, weisern menschenfreundlichern Regierungen unterwirft, und wenigstens einen Theil des westphälischen Friedens, des Unterdrückers der braven deutschen Nation, zertrümmern wird. Segen und Heil über die französische Nation und ihre Stellvertreter, wenn sie wenigstens dem armen unglücklichen Deutschland einen Theil seiner Freyheit wiedergeben und ihm die Augen öfnen wollen über die gewaltsame Despotie, die der Stolz österreichischer Regenten, der ihnen seit langen Jahren Hasser und Neider erweckt hat, auf dem Reichstage zu Regensburg und in den Kabinetten der kleinen Fürsten ausübt, durch die österreichische Hauskriege zu Reichskriegen werden, durch die Deutschland in dem gegenwärtigen Kriege seine beste Heldenzucht verlohren hat, durch die die blühendsten Staaten zur Wüste gemacht worden sind, durch die endlich Deutschland die Sünde auf sich geladen hat, gegen die Freyheit einer Nation gekämpfet zu haben, von der es nie beleidigt [302] worden ist, und aus deren Hand es den Kranz der Freyheit empfangen sollte.

Lerne, Deutschland, die schädliche Politik dieses Hauses einsehen, und sprich mit Hippolitus: domus illa exitiosa nulli quam sibi fida, sprich, omium arma in tyranni liberos convertantor! Reklamiret, ihr kleinen deutschen Völkerschaften, eure Menschenrechte gegen solche Regenten, die wie Metternich euern Schweiß im Auslande verprassen, und die letzte Gans von euch zum Opfer verlangen; die ihre Herrscherpflichten dem Stolze österreichischer Regenten feilbieten, und einen Kammerherrnschlüssel und ein Vließ mehr achten, als die Rosenblätter, womit ihr euren guten Fürsten die Wege bestreut!




Nachschrift:

Il y a des chiens, qu’on caresse, qu’on peigne, qu’on nourrit de biscuit, á qui on donne des jolies chiennes. Il y en a d’autres, qui sont couverts de gale, qui meurtent defaim, qu’on chasse, qu’on bat, et qu’ensuite un jeune chirurgien disséque lentement, apres leur avoir enfoncé quatre [303] gros clous dans les pattes. – A-t-il dependu de ces pauvres chiens, d’être heureux au malheureux? – – –