Nachtrag zur Nachricht vom Alexandersbad oder dem Sichersreuter Sauerbrunnen bey Wunsiedel

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Autor: D. F. [Anonym]
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Titel: Nachtrag zur Nachricht vom Alexandersbad oder dem Sichersreuter Sauerbrunnen bey Wunsiedel
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 2, S. 450–462
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
s. a. Nachricht von dem Sichersreuter Heilbrunnen, oder dem Alexanders-Bad bey Wunsiedel im Bayreutischen
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IX.
Nachtrag zur Nachricht vom Alexandersbad oder dem Sichersreuter Sauerbrunnen bey Wunsiedel.
Im Journal von und für Franken, und zwar im ersten Heft des 2ten Bandes, ist eine Nachricht von dem Sichersreuter Heilbrunnen oder dem Alexandersbad bey Wunsiedel im Bayreutischen eingerückt. Der Herr Einsender verdient allen Dank dafür. Nur hätte nicht anzumerken vergessen werden sollen, daß diese schon 1784 in einem zu Hof gedruckten Briefe bekannt gemachet wurde, und daß solche hier abermahls mit einigen unbedeutenden und nicht immer richtigen Veränderungen, auch mit den dort eingeschlichenen Druckfehlern[1] als Empfehlung für den Brunnen öffentlich erscheinet. Der patriotische Zweck dieser Einsendung ging wohl vorzüglich dahin, Fremden zu zeigen, daß der Durchlauchtigste Beherrscher dieser Lande mit beträchtlichem Aufwand ein| prachtvolles Gebäude aufführen ließ, daß er eine Wüste in die angenehmste Gegend umgeschaffen hat, und daß hier alle Anstalten getroffen sind, jedem Curgaste den Aufenthalt angenehm zu machen. So lobenswehrt diese Bekanntmachung an und für sich seyn mag; so wenig Nutzen würde sie stiften, wenn man von dieser Heilquelle weiter nichts sagen könnte, als daß sich hier alles beeifert, jedem Fremden und Kranken in einer einsamen Gegend fröhliche und nie zu bereuende Tage zu verschaffen. Zwar ist zu vermuthen, daß mancher, der zu dieser Quelle entweder vom Arzt geschicket wurde, oder aus eigenem Antrieb hieher kam, um deswillen unzufrieden zurückging, weil das Wasser nicht Wunder gethan hat. Würde man immer die Ursache der Krankheit genau untersuchen, sie mit den Kräften des Wassers durch helle Augen vergleichen, sich zur Cur gehörig vorbereiten, und dann weiter nichts verlangen, als was das mineralische Wasser vermöge seines innern Gehalts leisten kann: so möchte man wenige Klagen von fehlgeschlagenen Brunnencuren hören. Es scheint das aber nur selten zu geschehen, und daher mag es kommen, daß mancher vielleicht aus Mangel hinreichender Kenntnisse, oder um nur etwas| gesagt zu haben, geradezu behauptet: der Brunnen sey unwirksam, um deswillen unwirksam, weil er nicht allen behaget und keine unmögliche Wirkung im Körper hervorbringet. Niemand wird ihm wohl Heilkräfte absprechen, der ihn an der Quelle getrunken hat, wenn man auch die chemische Zerlegung des Herrn geheimen Hofrath Delius vom Jahr 1774 gar nicht hätte. Allgemein wirkend ist er freylich nicht, so wie kein Mittel in der Welt: aber es lassen sich doch redende Beweise finden, daß diese Quelle keine der geringsten sey. Er leistet vielleicht nicht, was ein anderer geleistet hat; und doch hat er schon mehrern Kranken zur Gesundheit geholfen.

Jedes Arzeneymittel, so wie jedes Heilwasser, kann in seiner Art gut seyn, nur muß es am rechten Ort angebracht werden. Man hat zwar nicht Erfahrungen, die in die Tausende gehen; es werden auch keine Krücken vorgezeiget oder Geschichten aufbewahret, die Wundercuren vom Sichersreuter Brunnen verkündigen: und doch hat er seinen bleibenden Wehrt.

Der Herr Geheime Hofrath Delius hat in seiner Nachricht von diesem Brunnen, welche 1774 zu Bayreut im Druck heraus| kam, Resultate aus den Versuchen und Erfahrungen gezogen. Er saget S. 17:

„Es erhellet, daß ausser dem eigentlichen Wasser und der Menge elastischen Luft in unserm Brunnen vorzüglich eine Meer- oder Kochsalzsäure, ein entzündbares bituminöses Wesen, in welchem allenfalls einige Vitriol- oder Schwefelsäure mit anzunehmen und welches zusammen den Brunnen-Geist ausmacht, dann auch einiges mineralisches alkalisches Salz, und eine alkalische und thonigte oder Bittersalz Erde, die mit einigen glimmerichten Theilen gemischt ist, befindlich sey; welche einfachere Bestandtheile nun eine solche Mischung verursachen, daß das Wasser nun nicht mehr sauer bleibt, sondern sich eine Art eines fixen amoniakalischen Salzes und ein eisenartiger Stof unter gehöriger Mischung bildet.“

Hieraus läßt sich einigermassen bestimmen, in welchen Krankheiten dieses Wasser anzurathen ist. Das Urtheil hierüber von gedachten Herrn Geheim. Hofrath, was die Erfahrungen allerdings bestättigen, stehet vielleicht hier am rechten Orte. Er fähret S. 18 fort:

| „Die mineralischen Wasser kommen in mancher Rücksicht miteinander überein, sind aber allerdings in Absicht des Verhältnisses ihrer Mischung, somit auch in Absicht ihrer Wirkung und Wahl derselben sehr unterschieden. Sie erhalten indessen von ihrer Mischung ihre sich auf die Receptivität des Cörpers gründende Wirksamkeit, und diese kann allerdings beträchtlich seyn, wenn die Quantität der Bestandtheile groß ist. Indessen rührt doch nicht alle Kraft dieser Wasser von der Menge der Bestandtheile selbst her, wie ich denn auch z. E. von einem Pfund des Spaa-Wassers nur 5 Gran beynahe ähnlichen Sediments erhalten habe. Eben so viel und etwas drüber fixen Gehalts liefert dann auch das Sichersreuter Wasser, und so viel, kann man annehmen, trinkt man in einer halben Maas oder in einem Pfund Wassers. Es ist aber der angezeigte spirituöse Theil, in Gesellschaft vieler elastischen Luft, welcher sowohl, in so ferne solcher einigermassen frey ist, als auch in so ferne er andere Materien eben auflöset, bey dem Trinken besonders wirksam, indem derselbe die empfindlichen Theile des Körpers reizet, solche in eine schickliche Bewegung setzet, wodurch denn| auch in den Eingeweiden, in dem Blut und Absonderungs-Gefäßen eine mehrere Bewegung entstehet.“

Wären aber auch die Versuche dieses würdigen Gelehrten nicht bekannt, so kann sich jeder an der Quelle überzeugen, daß das Sichersreuter ein sehr angenehm zu trinkendes, reines, mit vieler Luftsäure und mit Eisentheilen geschwängertes Wasser sey. Freylich ist letzteres nicht nach Untzen anzutreffen, aber doch hinlänglich, um es da anrathen zu können, wo man mineralische und eisenhaltige Wasser als stärkend oder sonst anzurathen vermüßiget wird.

Wenn es richtig ist, daß nach den Versuchen des Doctor Rhedes in der Mischung des menschlichen Bluts das Eisen im Durchschnitt den 480ten Theil ausmachet; wenn man ferner mit den meisten Physiologen annimmt, daß ein ausgewachsener Mensch 25 Pfund Blut im Körper habe: so möchten in der ganzen Masse nicht gar 7 Quentchen Eisen anzutreffen seyn. Hieraus ist leicht zu begreifen, daß eine zu große Menge Eisentheile in den Körper gebracht, vielen Schaden anrichten und die Blutmasse ganz aus ihren natürlichen Verhältnissen bringen müßte: überdem würde eine zu große Menge und am| Ende der Gesundheit nachtheilige Luftsäure erfordert werden, um viele Eisentheile aufgelöst zu erhalten: denn nach Bergmann sind 25 Cubiczoll dergleichen Luftart nöthig, um nur 1 Gran Eisen zu binden. Es ist wohl nicht zu viel behauptet, wenn man in einem Pfund des Sichersreuter Wassers 25 Cubiczoll Luftsäure und 1 Gran Eisen annimmt, welches wohl hinreichend seyn möchte, es bey Krankheiten mit Nutzen zu empfehlen, wo Eisentheile im Blut fehlen, wo dieses zu schleimicht und zu aufgelöst, und folglich eine Schlappheit und Schwäche in soliden Theilen vorhanden ist. Daher beweist es sich in kachektischen Krankheiten so wirksam. Nur eine Geschichte von vielen zum Beweis.
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Ein Mädchen von 18 Jahren kränkelte lange her. Sie sahe bleich aus, war verdrüßlich, immer schwermüthig und zu jeder Arbeit beynahe untauglich. Ihr Körper war etwas aufgetrieben, die Füße ödematös mit einigen Hautgeschwüren, die monatliche Ausleerung weiß und schleimicht, ihre Verdauungs-Werkzeuge ganz geschwächt. Es wurde dem Mädchen manches fruchtlos verordnet und gegeben. Sie kam zur Quelle, trank und badete, und verließ sie nach einem 4 wöchentlichen Aufenthalt so zufrieden, daß| sie künftiges Jahr mit dem blühendsten Ansehen die Quelle nochmahls aus Dankbarkeit besuchte.

So gute Wirkung man sich in dergleichen Krankheiten versprechen kann, so wirksam ist dieses Wasser in veralteten Rhevmatismen, bey irrender Gicht und deren Folgen. Die ihm beygemischten Salze, verbunden mit elastischer Luft und Eisen, durchdringen die kleinsten Gefäße, heben Stockungen, beleben die vesten Theile und machen das Nervensystem thätiger. Auch hier fehlt es nicht an Erfahrungen.

Eine Dame von 66 Jahren von vielsäftigem und schwammichtem Körper litt viel an einer lang daurenden Gicht, die die ganze Maschine zu zerrütten drohete, unendliche Schmerzen verursachte und den Gebrauch der Füße ganz unthätig gemachet hatte. Nachdem so manche Jahre hindurch vieles vergebens von Kunstverständigen und Laien gerathen worden, wurde der Kranken ein entferntes Bad um deßwillen vermuthlich angerathen, weil man glaubte, fremde Waare sey besser, als einheimische. Da bey dieser Dame der Sichersreuter Brunnen indicirt war; so wurde natürlicher Weise der| Bequemlichkeit willen und um unnöthigen Aufwand zu ersparen, von einem Wunsiedler Arzt gerathen, solchen an der Quelle zu trinken. Die Kranke kam in dem bedauernswürdigsten Zustand zur Quelle. Diese Dame war nicht im Stande, auch nur im Seßel einen Fuß zu bewegen. Nach Verlauf von 14 Tagen wurde sie theils durch Trinken, theils durch das Bad so gestärkt, daß sie den Brunnen, man kann sagen, ganz gesund verließ, und nie mehr einen Rückfall, so lange sie noch lebte, zu erleiden hatte. Der Brunnen wirkte hier vorzüglich auf Schweis und Urin, schaffte durch diese Wege die gichtische Schärfe weg, und verschaffte den so sehr geschwächten Theilen ihre Stärke in der Maaße wieder, daß nicht nur die Krankheit für jetzt, sondern auch für die Zukunft verjaget hat.
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Selbst in Lähmungen hat er sich thätig bewiesen. Ein Geistlicher aus K. kam ganz gelähmt hieher. „Eine bösartige Nervenkrankheit“ dieß sind dessen eigene Worte „welche die Arme, Hände und Füße so unbrauchbar gemacht, daß ich sie nicht einmahl zu bewegen, viel minder zu gehen, stehen oder etwas anders zu thun im Stande war, hat mich veranlaßt, diesen Brunnen zu gebrauchen, ich habe ihn gebraucht und bin nun vollkommen| geheilt.“ Man hat mehr ähnliche Geschichten, sie aber zu erzählen wäre zu weitläuftig und ermüdend.
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Nur ist noch kürzlich anzuführen, daß er auch bey Fehlern des Unterleibs ersprießliche Dienste leistet. Es wäre zu viel gefordert, wenn er in jeden Krankheiten des Unterleibs nützliche Dienste leisten sollte. Verhärtungen, beträchtliche Verstopfungen und dergleichen große Fehler wird er schwerlich, so wie wenige andere mineralische Wasser, zu heben im Stande seyn. Wenn aber aus einer sitzenden Lebensart, oder durch andere Diätfehler etc. Schwäche in Verdauungs-Werkzeugen, unordentlicher Blutumlauf im Unterleib, nicht zu sehr eingekeilte Infarctus, besonders bey vollsäftigen Körpern entstanden sind, und man ein Mittel nöthig hat, um geringe Verstopfungen aufzulösen, den Gefäßen im Gekröse, in der Leber und dergleichen mehr Thätigkeit zu geben, folglich den Umlauf des Bluts im Unterleib lebhafter zu machen: so möchte das Sichersreuter Wasser vermöge seines innern Gehalts von beträchtlichem Wehrt seyn, wenn es unter gehöriger Vorsicht angewendet wird. Es haben auch Erfahrungen bey dergleichen Krankheiten bestättiget, was man erwarten mußte. Ein Mann von nunmehr 44 Jahren| hatte in 24sten Jahr seines Lebens eine chronische Diarrhöe. Bewegung, strenge Diät und am Ende eine unglaubliche Blutausleerung durch den After minderten zwar das Übel, es blieben aber immer Hämorrhoidal-Beschwerden, Schwäche und unrichtige Verdauung, hypochondrische Beschwerden u. d. g. zurück. Daß hier manches vergebens gebraucht wurde, werden diejenigen gerne zugestehen, die dergleichen Übel selbst haben, oder solche zu heilen aufgefordert worden sind. Nichts konnte am Ende den kränklichen Zustand des Unterleibs verbessern, als unser Mineralwasser. Der Mann befindet sich seit dessen Gebrauch sehr wohl, hat seltene Hämorrhoidal-Beschwerden und nur dann Anfälle von unrichtiger Verdauung und deren Folgen, wenn er etwas unordentlich lebt. Statt beynahe aller anderer Arzeney trinkt er seit 16 Jahren mit jedem Morgen Sichersreuter Wasser, und findet vorzüglich dessen Heilkräfte bestättiget, wenn er vorher im Essen und Trinken gesündiget hat.
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In Steinbeschwerden ist er als ein bewährtes Mittel schon seit seiner Erfindung bekannt. Man will nicht behaupten, ob die fixe Luft die Steinchen auflöse und fortschaffe –| ob der häufige Antrieb des Wassers gegen die Harnwege - oder ob beydes zu diesem heilsamen Geschäffte beytrage. Genug er hat sich in hiesiger Gegend, wo Steinbeschwerden nicht die seltensten sind, allgemeines Zutrauen erworben.

Eben so allgemein wird er in manchen Fiebern mit Nutzen von Kranken getrunken, besonders da, wo entweder eine zur Fäulung geneigte Galle nebst andern stockenden und schleimichten Theilen - oder eine katharrhalische Constitution gegenwärtig ist. Seines überaus angenehmen und erfrischenden Geschmacks wegen trinken solchen die Kranken ungemein gerne, ja man muß sagen, sie fordern ihn mit Sehnsucht.

Selbst in Folgen bösartiger Pocken hat man schöne Erfahrungen, da wo beym Abdörren Pockeneiter zurückging, oder wo die Natur diese nicht gehörig gegen die Haut absetzte und ein anhaltendes dem abzehrenden sehr nahe kommendes Fieber zurück blieb. Er führte, mit Milch getrunken, diese zurückgebliebene Schärfe durch Urin ab, stärkte den während der Krankheit so sehr geschwächten Körper, brachte die verlorne Eßlust zurück und heilte manches schon dem Anschein nach verloren gewesene Kind.

| Man könnte noch mehrere Bemerkungen, wo dieses Wasser sich wirksam erwies, z. E. bey Magen-Beschwerden, bey Flechten und veralteten Hautausschlägen, in Wechselfiebern etc. anführen, wenn hier der Ort wäre, sich weitläuftiger zu erklären. Dieß vielleicht bey einer schicklichern Gelegenheit.[2] Hier nur noch so viel für den Auswärtigen. Für Bequemlichkeit und für jede Anstalt ist gesorget, die man an dergleichen Orten suchen und fordern kann. Man darf hieran um so weniger zweifeln, da Alexander der Erneuerer dieser zu wenig bekannt und bald vergessen gewesenen Quelle ist. Dieser Fürst hat sich durch diese Erneuerung und durch die vortreffliche innere Einrichtung des schönen Brunnenhauses ein immer bleibendes Denkmahl um so mehr errichtet, da er viel zu erhaben denkt, als aus dieser fürstlichen Einrichtung Einkünfte ziehen zu wollen. Des Fürsten Absicht war, hier sich befindlichen Kranken einen bequemern Aufenthalt zu verschaffen, und dafür hat ihn schon mancher Genesene geseegnet.
D. F. 



  1. Z. E. sollte heißen:
    Vina paRant animos, faciuntque cAloribus aptos etc.
  2. Ohne Zweifel wird der dermahlige Brunnenarzt Herr D. Schmidt zu Wunsiedel jedem auf Verlangen nähere Auskunft mit Vergnügen geben.