RE:Africus 2

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Wind von Africa, Westsüdwest
Band I,1 (1893) S. 716 (IA)–717 (IA)
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2) Africus nannten die Römer den von Africa her zu ihnen kommenden Wind, gleichgesetzt mit dem Λίψ (s. d.) der griechischen Windrose; beide sind nach ihrem Ursprungslande Africa bezw. Libyen (Ps. Aristot. de ventor. situ p. 973b 11) benannt, gemeinhin als Südwest (der noch heute in Italien Affrico oder Affricino heisst) aufgefasst. Der A. weht vom Sonnenuntergangspunkte am Tage der Wintersonnenwende (Plin. n. h. II 119: ab occasu brumali Africus, ... Graeci Liba nominant. Seneca Nat. Qu. V 16, 6: ab occidente hiberno Africus furibundus et ruens), und würde danach genauer dem Westsüdwest unserer Windrose entsprechen. Er wehte also dem Ostnordost, dem Aquilo, gerade entgegen (Plin. n. h. XVIII 335), weshalb ihn Horaz (Carm. I 3, 12) praecipitem Africum decertantem Aquilonibus nennt; derselbe erwähnt seine Africae procellae (Carm. III 29, 57) und giebt ihm die ferneren Bezeichnungen protervus (Epod. 16, 22) und pestilens (Carm. III 23, 5), während er bei Vergil (Aen. I 85) creber procellis Africus genannt wird; Plinius (n. h. VI 106) hebt hervor, dass der A. für die aus Indien heimkehrenden Schiffer für die Fahrt durchs rote Meer besonders günstig sei. Die ausführlichste Darstellung seiner physikalischen Eigenschaften giebt Isidor (de nat. rerum 37; vgl. G. Becker Proleg. p. XVIII f.) in Anlehnung an Sueton: Africus, qui dicitur Lips, ... generat tempestates et pluvias, facit nubium conlisiones et sonitus tonitruorum et crebrescentium fulgorum visus et fulminum inpulsus; als feuchten Wind [717] nennt ihn auch Plin. n. h. II 126, zugleich mit dem noch regenreicheren Südwinde, dem Auster (Notus). Wenn im Widerspruche gegen die letztere Charakteristik bei Properz (IV 5, 60) von der Hitze des Notus, bei Pausanias (II 34) von der sengenden Glut des Λίψ, bei Horaz (Carm. III 23, 5) endlich von der gesundheitsschädlichen Wirkung des A. (pestilens) die Rede ist, so muss in diesen Fällen wohl an den Scirocco gedacht werden, der ja ebenfalls ein africanischer Wind ist und besonders in Unteritalien oft mit grosser Heftigkeit weht. Wenn bei Properz IV 3, 48 alle Handschriften lesen Africus in glaciem frigore nectit aquas, so liegt, da diese Wirkung des A. unmöglich ist, entweder eine Verwechslung – etwa mit dem Aquilo – vor, oder man wird mit C. Lachmann Arctoo statt Africus lesen müssen. Unheilbare Widersprüche in Betreff des A. bietet Ps.-Apul. de mundo c. 11. 13.

Anmerkungen (Wikisource)

Vgl. Winde Sp. 2288–2289.