RE:Fuchs

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Zool.
Band VII,1 (1910) S. 189192
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Fuchs (ἀλώπηξvolpes, vulpes ‚wilde Katze‘, vgl. Walde Lat.-etym. Wörterb. 355, nach Aelius Stilo bei Varro de l. l. V 20 aus volipes; λάμπουρις ‚Brand-F.‘ bei Aisch. frg. 433 N. Lyc. Al. 314. 1393. Phot. lex. 206, 18. Etym. M. 190, 57. 474, 4. Hesych. s. v.; ἀντικύων bei Hesych. s. v.; κερδώ bei Arist. Ritt. 1063. Aes. fab. 33 b. Babr. fab. 19. 50. 81. Opp. cyn. VII 450; κερδαλέη bei Archil. frg. 89, 5. Aelian. nat. an. VI 64. Plat. rep. II 365 c; κίδαφος bei Aristophanes von Byzanz, vgl. Miller Mélanges 431. Fresenius De λέξ. Arist. 121. Hesych. s. κίδαφος, κιδάφη, κίραφος. Phot. 164, 10; σκινδαφός bei Aelian. nat. an. VII 47; σκαφώρη bei Aelian. a. a. O. aus Aristoph. von Byzanz, vgl. Nauck Arist. Byz. frg. 42ff.; κηκάς bei Nic. Al. 185 mit Schol. Hesych. s. v. Etym. M. 510, 9. Callim. frg. 253; κοθοῦρις oder κόθουρος Hesych. s. v.; βασσάρια libysches Wort bei Herod. IV 192, vgl. Hes. s. βασσάρη. Etym. M. 190, 52; θάμιξ, κοροῖτις bei Hesych. s. v.; κίναδος bei Theocr. V 25 mit Schol.; ἀλωπεκιδεῖς die jungen F. bei Poll. V 15. Aelian. nat. an. VII 47 aus Arist. v. Byz.; über Ἀλώπηξ, Ἀλώπεκος, Σκιραφίδας, Κινάδης, Κινάδων als Eigennamen vgl. Fick Die griech. Personennamen 314. Bechtel Die einstämmigen männlichen Personen der Griech., Abh. d. Ges. d. Wiss. Göttingen N. F. II 5, 57), der europäische oder gemeine F. (Canis vulpes L.), war über die ganze alte Welt verbreitet, Kreta sowie die meisten Inseln ausgenommen (Plin. n. h. VIII 228. Xen. cyn. V 24). In Thrakien scheint er besonders häufig gewesen zu sein (Aelian. nat. an. VI 24. Plin. n. h. VIII 103. Plut. de soll. an. 13. Tim. Gaz. V 16), eine Stadt an der Westseite des thrakischen Chersones hieß nach ihm ‚F.-Insel‘ (auf Münzen von Alopekonnesos bei Imhoof-Blumer und Keller Taf. II 1). In den Ländern südlich vom Kaspischen Meere wurde er wie ein Haushund gezähmt in den Häusern gehalten (Aelian. nat. an. XVII 17 aus Amyntas σταθμοί). In Ägypten waren sie kleiner als in Griechenland (Arist. hist. an. VIII 162), eine Angabe, die auf Canis niloticus paßt (vgl. Aubert-Wimmer Arist. Tierg. I 63). In Indien jagte man den F. mit Raubvögeln und Raben (Ktesias bei Aelian. nat. an. IV 26). Die wissenschaftliche Zoologie des Altertums charakterisiert ihn als ein verschlagenes (Arist. hist. an. I 18), dem Hunde verwandtes Säugetier (Aristoph. Ep. 112 L. Arist. [190] hist. an. VIII 167) mit einem buschigen Schwanz (Plin. n. h. XI 265. Aelian. nat. an. IV 39), welches unterirdische Baue bewohnt (Ps.-Arist. hist. an. IX 23. Plut. de soll. an. 881 b; φωλεοί bei Matth. 8, 20. Luc. 9, 58) mit sieben Ausgängen (Opp. Cyn. III 449f. Tim. Gaz. V in Haupts Op. III 280) und höchstens vier blinde Junge mit wenig ausgebildeten Gliedmaßen wirft (Arist. hist. an. VI 182. Aristoph. Ep. II 391, 112. Plin. n. h. X 176). Er nährt sich von Geflügel (Plin. n. h. X 207. Opp. hal. II 108ff.; cyn. III 460. Aelian. nat. an. VI 24. Aristoph. Ep. 113. Tim. Gaz. a. a. O. Geop. XIV 9, 6; vgl. Altmann Die röm. Grabaltäre nr. 254), Hasen (Xenoph. cyn. V 4. 24. Aelian. nat. an. XIII 11. Poll. V 12. Opp. cyn. III 460), Feldmäusen (Arist. hist. an. VI 188), Igeln (Aelian. nat. an. VI 64), Reh- und Hirschkälbern (Aes. fab. 247, vgl. 38), Insekten (Aes. fab. 149), Honig (Aelian. nat. an. IV 39), Trauben (Aes. fab. 33. Nic. Al. 185. Theocr. I 48. V 112f. Varro r. r. I 8, 5) und selbst von Fischen (Aelian. nat. an. VI 24). Sein heiseres Bellen wurde von den Römern mit gannire (Suet. 249 Reiff. PLM V 366, 59), von den Griechen mit ὑλακτεῖν und ὠρύεσθαι bezeichnet (Poll. V 88; γαρύεσθαι bei Studemund Anecd. var. I 103). Man wußte, daß er selbst jung eingefangen sich nie ganz zähmen läßt (Tim. Gaz. V 8. Aristoph. Ep. II 404 S. 115, 11 L.). Bekannt ist die Erzählung von dem jungen Spartaner, der einen gestohlenen jungen F. unter seiner Kleidung verbarg und von ihm so zerbissen wurde, daß er starb (Plut. Lyc. 18). Richtig ist die Beobachtung, daß er sich mit dem Hunde paart (Arist. hist. an. VIII 167. Xen. cyn. 3, 1); die Bastarde hießen ἀλωποί oder ἀλωπεκίδες (Aristoph. Ep. II 403 S. 115, 6. Tim. Gaz. V 23; die lakonischen Hunde haben nichts damit zu tun, vgl. o. Bd. I S. 1597[WS 1]. Keller Österr. Jahresh. VIII 1905, 252). Wie der Hund soll er bisweilen an Wutkrankheiten leiden (Plut. de soll. an. 5); ist er verwundet, so soll er mit dem Harz der Föhre seine Wunde heilen (Baslius bei Aristoph. Ep. II 408, 115). Man glaubte, daß sein Urin den Boden ein Jahr lang unfruchtbar mache (Schol. Call. hymn. III 79, vgl. Aristoph. Ep. II 406, 115. Tim. Gaz. V 13). Seine Feinde sind in der Tierwelt der Adler ([Arist.] hist. an. IX 120. Plut. de soll. an. 31. Aes. fab. 5. Plin. n. h. X 205. Pind. Isthm. IV 80), Löwe (Aes. fab. 35 b) und der Wolf ([Arist.] hist. an. IX 15. Aelian. nat. an. I 36. Aes. fab. 271). Um sich vor diesem zu schützen, schläft er auf den Blättern der Meerzwiebel (Tim. Gaz. V 9, vgl. Aelian. nat. an. I 36. Geop. XV 1, 7. Nepual. 27). Mit dem Raben und der Schlange lebt er in Freundschaft (Aelian. nat. an II 51. [Arist.] hist. an. IX 1, 20. 21. Antig. Car. 59. Plin. n. h. X 205. [Arist.] hist. an. IX 23. Plut. de soll. an. 31), weil beide ihn im Kampf gegen den Adler unterstützen. Als Räuber des Federviehs, auch seines Fleisches wegen, besonders aber wegen seines nützlichen Felles wurde er viel verfolgt. Man erlegte ihn in Treiben mit zahlreicher Meute (Opp. cyn. 452. Mart. X 37, 13. Tim. Gaz. V 21), in Fallen (παγίδες Aes. fab. 44), mit Netzen und Schlingen (Plut. quaest. nat. 28. Mart. X 37, 13. Opp. cyn. III 454) und mit Gift (Diosc. IV [191] 81, 76). Die in England üblichen Jagden zu Pferde waren dem Altertum unbekannt. In Indien wurden Adler, Falken und Raben zur Jagd auf ihn abgerichtet (Ktesias bei Aelian. nat. an. IV 26). Aus den Fellen wurden in Thrakien Mützen und Pelze hergestellt (Herod. VII 75. Xen. anab. VII 4, 4. Senec. ep. 90), in Athen wurden auf dem Markte von boiotischen Pelzhändlern F.-Bälge feilgeboten (Arist. Ach. 878). Sein Fleisch soll am schmackhaftesten im Spätherbst zur Zeit der Traubenreife sein (Mnesitheos bei Orib. I 181. Gal. VI 665, vgl. Nic. Al. 185. Athen. VII 282 b). Es galt als urintreibend (Ps.-Hippocr. περὶ δ. II 46 [VI 546 L.]) und in Öl abgekocht für ein gutes Mittel gegen Gelenkrheumatismen (Gal. XII 367. Aet. tetr. II 164). In der animalischen Medizin wurde F.-Lunge gegen Asthma verwandt (Plin. n. h. XXVIII 197. Diosc. II 41, 184), sein Fett gegen Ohrenschmerzen (Plin. n. h. XXVIII 176. Gal. XII 335. Aet. tetr. II 154. Paul. Aeg. VII 3 s. πνεύμων). Wie bei uns in der Tiersage Reineke F. die Hauptrolle spielt, so im Altertum in der Tierfabel wegen seiner Verschlagenheit und Bosheit (vgl. Philemon frg. 89 K. Solon frg. 11, 5. Ev. Luc. 13, 32); Simonides von Amorgos vergleicht in seinem Weiberspiegel das Weib, das aller Listen kundig ist, mit ihm (frg. 7 v. 7ff.). Recht wunderliche, ja unglaubliche Geschichten lesen wir von ihm in den naturgeschichtlichen Schriften der Alten. Hat er einen Igel gestellt, so wartet er nicht so lange, bis dieser, der sich zusammengerollt, seinen Kopf vorsteckt, sondern wendet ihn mit Schonung seiner Schnauze um, reißt ihn auf und verspeist ihn (Aelian. nat. an. VI 24, vgl. VI 64). Ist er auf der Trappenjagd, so legt er sich ruhig auf den Rücken und richtet seinen Schwanz in die Höhe, um den dummen Tieren das Vorhandensein eines Trappenhalses vorzuspiegeln (Aelian. nat. an. VI 24. Tim. Gaz. V 1). Auf seinen fein entwickelten Tastsinn mag die Geschichte von dem thrakischen F., der das Eis prüft, bevor er es betritt, zurückzuführen sein (Aelian. a. a. O. Plut. de soll. an. 13. Plin. n. h. VIII 103). Die Fabeln und Sprichwörter vom F. sind zum Teil altes Gut; so kennt schon Archilochos (frg. 84 Bgk.⁴) die Fabel vom F. und Affen (Aes. fab. 43. Babr. 81), ebenso die Fabel vom F. und Adler (Archil. frg. 86. Aes. fab. 5). Das bekannte Sprichwort πολλ’ οἶδ’ ἀλώπηξ, ἀλλ’ ἐχῖνος ἓν μέγα (Ps.-Zenob. V 68. Plut. de soll. an. 16. Archil. frg. 118) kam schon in dem Homerischen Margites vor (PLG⁴ II 418. Usener Altgriech. Versbau 112; vgl. Hahn Griech. Märch. 91. Benfey Pantschat. I 316). Über[WS 2] bildliche Darstellungen der F.-Fabeln vgl. Arch. Jahrb. XII 33. Österr. Jahresh. V (1902) 1ff. VII (1904) 73ff. Über den F. im Sprichwort vgl. Köhler Das Tierleben im Sprichwort 55ff. Am bekanntesten sind: οἴκοι μὲν λέοντες, ἐν μάχῃ δ’ ἀλώπεκες (Arist. Fr. 1189. Petr. sat. 44), vulpes pilum mutat, non mores (Suet. Vesp. 16). In der griechischen Sage spielt der F. keine hervorragende Rolle. Eine verhältnismäßig junge messenische Sage erzählte von der wunderbaren Errettung des Aristomenes durch einen F. (Paus. IV 18, 4ff., vgl den Art. Alopekos); auf dem Altar des Messeniers Kresphontes erscheint er in der Sage von [192] der Länderteilung des Peloponnes (Apoll. II 8, 4, 5). In Boiotien ist die Sage von dem teumessischen F. lokalisiert, der mit dem Hunde des Kephalos von Zeus in einen Felsen verwandelt worden sein soll (Paus. IX 19, 1. Poll. V 39. Ant. Lib. 41. Apollod. II 4, 6, 7. Phot. s. Τευμησία. Hyg. fab. 189; vgl. Kalkmann Pausanias 128. Preller Griech. Myth. II 147). Bei den Römern galt der F. als Korndämon. In Rom ließ man am 19. April an den Cerealien F. mit angebundenen Fackeln durch den Circus hetzen (Preller Röm. Myth.³ I 116. II 43, vgl. Aes. fab. 61. Babr. 11). Für Carseoli ist ein ähnlicher Brauch überliefert; jeder gefangene F. mußte nach einem Gesetz von Carseoli getötet werden (Ovid. fast. IV 709ff., vgl. Mannhardt Myth. Forsch. 108ff.). Ferner galt er wegen seiner roten Farbe für ein Wahrzeichen der dem Latinerbunde feindlichen Rutuler (Preller Röm. Myth.³ II 327); in der Gründungssage von Lavinium begegnet er neben dem Wolf und Adler (Dion. Hal. I 59). Sein Erscheinen im Traum hatte eine üble Vorbedeutung (Artemidor. II 104, 9. 234, 17); der Angang des F.s spielte in der Auguralwissenschaft eine Rolle (Hor. od. III 27, 4). Über den F. im Aberglauben vgl. Art. Aberglauben Bd. I S. 71. In der Malerei und Plastik ist er häufig dargestellt; hübsch ist die Darstellung des buckligen Aesop in Unterhaltung mit einem ihm gegenübersitzenden F. begriffen auf einer Schale im Museo Gregoriano, vgl. hierüber O. Keller Die Tiere des klass. Altertums 183ff. Imhoof-Blumer und O. Keller Tier- und Pflanzenbilder auf Gemmen und Münzen Taf. XVI 1–3. XVII 17. Furtwängler Beschr. d. Vasensamml. im Berl. Antiquar. (Index); Arch. Jahrb. XIII 135. XII 33. Jahn Altertümer aus Vindonissa IV 9 S. 109.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: S. 1681
  2. Vorlage: Uber