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Schwechten, der mit feinem Gefühl des vielerfahrenen Menschen wohl merken mochte, daß mich ein besonderer Zweck zu Lautenborn geführt hatte, verabschiedete sich vielleicht nach einer Viertelstunde, sehr zu meiner Freude.

Alls wir dann allein waren, kam ich sofort auf unsere Angelegenheit zu sprechen. Da der Leutnant mich in der Nacht plötzlich sehr formell mit „Herr Heiking“ angeredet hatte, ließ ich ebenfalls den bisherigen vertraulichen Ton fallen.

„Herr von Lautenborn, Sie dürften wohl ahnen, was mich zu Ihnen führt?“ begann ich formell.

„Ich möchte Sie nochmals bitten, mir für die Begleichung meiner Spielschuld acht Tage Zeit zu gewähren,“ fuhr ich fort. „Mir fällt es nicht ganz[1] leicht, innerhalb der Kavalierfrist unseres Klubs die Sache zu ordnen.“

Er zuckte die Achseln. Wieder stand auf seiner Stirn die senkrechte Falte des Unmuts.

„Bedauere wirklich unendlich, mein lieber Herr Heiking. Ich muß in den nächsten Tagen für längere Zeit verreisen und brauche daher das Geld sehr notwendig. Es würde mir leid tun, wenn Ihnen die Besorgung der kleinen Summe Schwierigkeiten bereiten sollte.“

„Kleine Summe!“ Ich lachte wirklich hell auf. Denn das konnte von Lautenborn ja nur Hohn sein.

„Sie scheinen meine pekuniäre Leistungsfähigkeit doch gewaltig zu überschätzen,“ sagte ich ironisch. „Mir stehen leider keine so geregelten Einkünfte zur Verfügung wie Ihnen.“

Der Hieb saß. Die Falte auf Lautenborns Stirn vertiefte sich merklich.


  1. Vorlage: ganz ganz
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)