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Wir kommen falsch auf die Nachwelt.

Man stopfe ein paar dieser Generalfeldmarschälle aus, ein paar Journalisten, ein paar Staatssekretäre, ein paar Feldprediger, vielleicht als freundliche Attrappen, etwa als Schirmständer oder mit einer Visitenkartenschale im Maul, damit sie doch einmal zu etwas gut sind im Leben – man stelle diese Puppen in die Vitrinen und schreibe darunter:

AUS GROSSER ZEIT

Dann wird die Nachwelt staunend davorstehen, schaudernd betrachten und mitleidsvoll begreifen.


Der General im Salon

Der alte Herr da im Bratenrock, das ist der berühmte General Soundso. Er steht am Kamin, direkt vor dem Spiegel, nein, der nicht, der neben ihm – ja. Er rührt jetzt grade mit einem kleinen Löffelchen in der Mokkatasse und unterhält sich angeregt mit den Gästen des Hauses. Es ist ein sehr feines Haus, man hat lauter gute Namen eingeladen. Die Menschen sind in der Garderobe abzugeben. Die Namen haben diniert, jetzt nehmen sie den Kaffee, auch der General.

Es ist derselbe, der damals die große Offensive bei V. eingeleitet hat. „Die Truppen des Generals“, stand damals im Heeresbericht, „wurden in der Nacht von gestern auf heute zum Sturm auf die Höhen des Dorfes angesetzt.“ Er ist es, der sie angesetzt hat. Seine hellblauen, etwas wässerigen Augen, die ich da sehe, lassen nichts mehr davon ahnen, daß dieser Mann einmal am Telephon gestanden, vor ihm die Karten, die Krokis, die Bleistifte, die Adjutanten, und mit erregter Stimme einen Befehl in die Muschel gebrüllt hat. „Wollen Sie dafür sorgen …!“ sagte die Stimme. Dann

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Kurt Tucholsky: Mit 5 PS. Berlin: Ernst Rowohlt, 1928, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Tucholsky_Mit_5_PS_095.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)