Page:Wittgenstein - Tractatus Logico-Philosophicus, 1922.djvu/76

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LOGISCH-PHILOSOPHISCHE ABHANDLUNG

berechtigte Beziehungen von Zeichen und Bezeich- netem sind.

Man konnte dann z. B. sagen, dass „p" auf die wahre Art bezeichnet, was „ -' p" auf die falsche Art, etc.

4.062 Kann man sich nicht mit falschen Satzen, wie bisher mit wahren, verstandigen ? Solange man nur weiss, dass sie falsch gemeint sind. Nein I Denn, wahr ist ein Satz, wenn es sich so verhalt, wie wir es durch ihn sagen ; und wenn wir mit „p" ^ p meinen, und es sich so verhalt wie wir es meinen, so ist „p" in der neuen Auffassung wahr und nicht falsch.

4.0621 Dass aber die Zeichen „p" und „ -' p" das gleiche sagen k6nnen, ist wichtig. Denn es zeigt, dass dem Zeichen „ -^ " in der Wirklichkeit nichts entspricht.

Dass in einem Satz die Verneinung vorkommt, ist noch kein Merkmal seines Sinnes {^ '^ p = p).

Die Satze „p" und „ ^ p" haben entgegen- gesetzten Sinn, aber es entspricht ihnen eine und dieselbe Wirklichkeit.

4.063 Ein Bild zur Erklarung des Wahrheitsbegriffes: Schwarzer Fleck auf weissem Papier ; die Form des Fleckes kann man beschreiben, indem man fur jeden Punkt der Flache angibt, ob er weiss oder schwarz ist. Der Tatsache, dass ein Punkt schwarz ist, entspricht eine positive — der, dass ein Punkt weiss (nicht schwarz) ist, eine negative Tatsache. Bezeichne ich einen Punkt der Flache (einen Frege'schen Wahrheitswert), so entspricht dies der Annahme, die zur Beurteilung aufgestellt wird, etc. etc.

Um aber sagen zu konnen, ein Punkt sei schwarz oder weiss, muss ich vorerst wissen, wann man einen Punkt schwarz und wann man ihn weiss nennt ; um sagen zu konnen : „p" ist wahr (oder falsch), muss ich bestimmt

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